Veröffentlicht am 2014-05-11 In Schönstatt im Herausgehen

Eine Wallfahrt nach Kanaan

ARBEITSKREIS FÜR DIE EINHEIT DER CHRISTEN, Rektor Egon M. Zillekens. Der Arbeitskreis für die Einheit der Christen, ein relativ junges Projekt, das unter Priestern und Laien der Schönstatt-Bewegung in Deutschland entstanden ist, besucht in unregelmäßigen Abständen andere Gemeinschaften: nur im Zuhören, im Beobachten, im Wahrnehmen dessen, was die anderen bewegt und motiviert, was sie tun und was sie hoffen, kann man kennenlernen und aus ehrfürchtigem Kennenlernen Gemeinsames und Verschiedenes entdecken und schätzen, Eigenes neu schätzen und Gewohntes hinterfragen, Solidarität entfalten und diese als Kern einer ökumenischen Bündniskultur leben.

Im vergangenen Jahr besuchte der Kreis die Jesus-Bruderschaft Gnadenthal,  eine kommunitäre Lebensgemeinschaft von ledigen (zölibatären) Frauen und Männern und von Familien aus unterschiedlichen Kirchen und Konfessionen, denen sie  weiterhin angehören. Dieses Jahr hielt die Jesus-Bruderschaft Gnadenthal mit 50 Personen ihren Osterkonvent im Haus Marienau. Eine Atmosphäre von Gebet und Ehrfurcht, wie selten erlebt!

Ein Pilgerweg über das Land Kanaan

Viele Orte in Schönstatt tragen biblische Namen – Berg Moriah, Berg Sion, Kanaan-Patris-Heiligtum… Vertrautes Gebiet also, das fünf Vertreter des Arbeitskreises für die Einheit der Christen auf dem „Land Kanaan“ der Evangelischen Marienschwestern in Darmstadt betraten. Pater Michael Marmann, Rektor Egon Zillekens, Pfr. Müller, Dr. Löhr und Inge Wilhelm waren vom 3.-5. Mai zu Gast bei den Darmstädter Marienschwestern, einer 1947 gegründeten Schwesterngemeinschaft, die ihr Kloster und das umliegende Gelände „Land Kanaan“ nennen und die schon seit vielen Jahren eine tiefe Verbundenheit mit Schönstatt pflegen. „Herzlich willkommen in unserem „Ur-Heiligtum“, heißt es für die Besucher aus Schönstatt, als sie die Kirche der Gemeinschaft betreten.

Immer am 4. Mai feiert die Gemeinschaft einen Kanaan-Gang über das Gelände, zu dem wir Besucher natürlich eingeladen sind.  Der 4. Mai ist ein Datum, das mit wesentlichen Ereignissen in der Gründungsgeschichte und mit dem Kauf dieses Geländes verbunden ist. Es ist beeindruckend, wie auf diesem Gelände biblische Stätten lebendig werden: ein See Genesareth, ein Jakobsbrunnen, ein Garten des Leidensweges Jesu…

Pater Kentenich und Mutter Basilea Schlink, die Gründerin der Darmstädter Marienschwestern, sind einander nie begegnet. Pater Kentenich zitiert gelegentlich Texte von Mutter Basilea Schlink, die vom starken Vorsehungsglauben sprechen, und in der Bibliothek der Schwesterngemeinschaft finden sich mehrere Bücher Pater Kentenichs. Das Leben aus der Vorsehung Gottes begegnet uns auf Schritt und Tritt in der Begegnung mit den Schwestern und den Franziskus-Brüdern.

Es wird viel gesprochen, ausgetauscht. Miteinander für Europa, die Vorbereitungen auf die Feier des Reformationsjubiläums 2017, das Verhältnis zur evangelischen Landeskirche, die messianischen Juden als blinder Fleck der Christenheit, Nachwuchssorgen wie überall, Hoffnungen und Fragen…

Berührt

Am Montag feiern wir Eucharistie. Ja, katholische Priester feiern Eucharistie mit den Evangelischen Marienschwestern. Sie erfüllen die Voraussetzungen, die der heilige Johannes Paul II. In Ut unum sint, § 46, festgelegt hat. Eine der Schwestern sagt mir nach Messe: „Ich habe geweint bei der Wandlung, dass das auf unserem Altar passiert.“  Es ist viel Sehnsucht nach Einheit, nach Einheit in und durch Jesus in dieser Gemeinschaft, deren Priorin eine messianische Jüdin und deren Sub-Priorin katholisch ist.  Frauen aus evangelischen Kirchen, Freikirchen, Lutheraner, Methodisten – was sie verbindet, ist der Glaube an die Vorsehung Gottes und die Liebe zu Jesus Christus.

Es ist eine Eucharistiefeier mit einer ganz besonderen Tiefe und Dichte des Mitfeierns. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich je mit einer Gemeinschaft die Eucharistie gefeiert habe, die so dankbar und freudig den Kelch mit dem Blut Christi entgegennimmt. „Macht Ihr das immer so?“, fragt eine der Schwestern.

Und ich frage mich: Wie sollen wir es machen?

Nein, wir machen das nicht immer so. Ich bin seit 1971 Priester und spreche bei der Wandlung: Nehmt und trinkt alle daraus – und reiche den Kelch mit dem Blut Christi dann meist doch nicht allen. Alle Versuche, die Kommunion unter beiderlei Gestalten einzuführen, waren nicht nachhaltig. Ich habe es angefangen in der Pfarrei, habe es angefangen in Schönstatt. Die Schwierigkeiten, die Frage von Hygiene und Zeit, von Sorgfalt und das Zurückschrecken vor dem Ungewohnten, der Christen dazu bringt, am gereichten Kelch mit dem Blut Christi vorbeizugehen – all das ist mir bekannt. Und ausgerechnet der Besuch bei einer evangelischen Gemeinschaft bringt mir dieses Anliegen ganz neu und ganz brennend ins Bewusstsein. Ich weiß nicht, wie man es machen kann. Aber das Anliegen bleibt und ist neu da nach dieser Wallfahrt nach „Kanaan“.

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