Veröffentlicht am 2012-04-10 In Schönstatt im Herausgehen

Mittendrin statt nur darüber – Jour fixe für Unternehmer und Führungskräfte

DEUTSCHLAND, fma. Da fährt ein Start-up-Unternehmen mit vielsprechendem, innovativem Konzept und Produkt sowie hoher Kundenbindung nach kurzer Zeit des steilen Aufstiegs fast schnurgerade in die Insolvenz. Der charismatische Firmengründer hatte es in kürzester Zeit geschafft, aus einem bunt zusammengewürfelten Haufen von jungen Fachkräften, verschiedenen Quereinsteigern und reichlich unerfahrenen Hochschulabsolventen ein hochmotiviertes Team zu schmieden und große Resonanz im breiten Volk, in der Presse und in Fachkreisen zu finden. So stark waren der Erfolg und so attraktiv die Vision, dass die Konkurrenz nach anfänglichem überheblichem Spott ihre Machtpositionen in Gefahr sah, zum Angriff blies und mit den bewährten Seilschaften der alteingesessenen Parteien und Verbände die Mächtigen überzeugte, dass dieses neue Unternehmen unseriös sei und eine Gefahr darstellte…

Der Plan ging auf. Wurde die feindliche Übernahme auch zunächst abgewendet, so kostete die Auseinandersetzung die engsten Mitarbeiter, besonders aber den Firmengründer zu viel Kraft. Mit einem letzten Aufbäumen versuchte er noch einmal alles, um das Unternehmen zu retten, hatte auch unerwartet Erfolg, und verließ dann – offenbar angeschlagen und unter konfusen Umständen – sein eigenes Unternehmen, in dem er ausgerechnet einen der unzuverlässigsten Mitarbeiter zu seinem Nachfolger machte, ohne allerdings klare Strategien für die Zukunft zu hinterlassen. Der Schock sitzt tief, die Aktien gehen im Sinkflug in den Keller. Headhunter kontaktieren die fähigsten Mitarbeiter mit Lockangeboten, einige wollen sich selbstständig machen, andere nichts wie zurück in den alten Beruf. Angst um die eigene Zukunft macht sich breit, Initiativen bleiben aus, die Träume von Dienstwagen und Aufsichtsratsposten in einem Global Player zerplatzen, Krisensitzungen führen nur noch tiefer in die Ratlosigkeit.

Dann kommt seine Sekretärin. Kocht Kaffee, wie damals. Fängt an, von ihm zu erzählen und von seinen Plänen. Von seiner Vision und von dem, was sie miteinander erlebt haben. Redet mit dem einen und mit dem anderen und mit den beiden und mit allen. Hört zu und erklärt, wie er das gemeint hat. Sie sitzen zusammen an dem Tisch, an dem sie begeisternde Stunden voller Pläne erlebt haben. Sie redet von ihm, als sei er immer noch da. Und auf einmal fallen auch den anderen Dinge ein, die er gesagt und getan hat. Und sie fangen an, sich in Begeisterung zu reden… Und dann ist er wieder da, dieser unternehmerische Geist der Expansion, des Neuen und Ungewohnten, der sie dazu gebracht hat, alles liegen und stehen zu lassen. Und sie nehmen das Herz in die Hand und tun, was sie mit ihm tun wollten, der auf einmal wieder mitten unter ihnen ist … und weiten seine Firma aus …bis an die Grenzen der Erde…

Pfingsten, Maria und die personale Mitte

Einige haben schon bei den ersten Sätzen wissend gelächelt, andere bis zum Schluss überlegt, wie sie diese Sekretärin wohl für ihr Unternehmen gewinnen könnten: Die Referentin Maria Fischer – Theologin und Journalistin – brachte beim vierten Jour Fixe für Unternehmer und Führungskräfte mit der etwas ungewöhnlichen Nacherzählung des klassischen Modells einer personalen Mitte – Maria im Pfingstsaal – die Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland zum Nachdenken. Verbunden mit Ergebnissen der neuesten Gallup-Umfrage, dem Konzept von Servant Leadership (Jim Collins) und zahlreichen Beispielen aus dem konkreten Unternehmensalltag machte sie deutlich, wie wichtig eine personale Mitte im Unternehmen ist, wie es mit Pädagogik Pater Josef Kentenichs geht, als Führungskraft „mittendrin und nicht nur darüber“ zu stehen.

Einsame Spitze war einmal

Einsame Spitze war einmal, so eine Erkenntnis. Wer als Unternehmer und Führungskraft einsam über allen steht, ist ziemlich allein und verzichtet auf das Potential der Kommunikation mit qualifizierten Mitarbeitern als gegenseitiger Kraft-, Motivations- und Lebensvermittlung. Wer als Unternehmer und Führungskraft mittendrin statt nur darüber steht, oder wer in seinem Unternehmen jemanden hat, der diese Rolle ausübt, bringt sowohl Ruhe als auch Dynamik in das vielfältige personale Beziehungsgefüge.

Geht es, in einem Betrieb mit mehreren hundert Mitarbeitern personale Mitte zu sein? Oder braucht es ein Netz von personalen Mitten?

Gibt es Menschen, die egal wo sie sind, personale Mitte werden? Und kann man es lernen, wenn man eben nicht Naturtalent ist (oder das Charisma hat)? Man kann. Schlüsselmoment ist, nach Pater Kentenich, das persönliche Interesse an den einzelnen Mitarbeitern, ist die klare Absage an Instrumentalisierung oder bloßes „Benutzen“ des Mitarbeiters. In Milwaukee sagte Pater Kentenich, wer andere leite, müsse sie gern haben, muss an allem interessiert sein, was sie betrifft, persönlich interessiert sein an ihnen, an allen Kleinigkeiten ihres Lebens.“ Die Pädagogik Pater Kentenichs ist in der Personalführung praktisch und anwendbar, auch an diesem Nachmittag die Erfahrung. Dort, wo sie gelebt wird, entsteht ein Klima der Freude, der Freiheit, des Wachsens.

„Ich bin mit Fragen gekommen und mit Antworten gegangen“, so einer der Teilnehmer nach der intensiven Austauschrunde, die auch beim anschließenden Imbiss lebhaft und engagiert weiterging.

Der nächste Jour fixe ist am 23. Juni 2012 wieder von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr und wieder in Schönstatt auf`m Berg, Memhölz. Der Jour Fixe ist eine Initiative der Internationalen Kentenich-Akademie für Führungskräfte, IKAF.

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