Veröffentlicht am 2016-05-29 In Miteinander für Europa

Kardinal Marx: „Die Kraft des Evangeliums in die Gesellschaft hineintragen“

DEUTSCHLAND, von Maria Fischer •

„Soeben habe ich den Abschlussgottesdienst des 100.Katholikentages in Leipzig gesehen. Einmal schwenkte die Kamera auf ein Bild der Pilgernden Gottesmutter. Das hat mein Herz doch sehr erfreut!“, schreibt Birgit Brömmel aus Wesel, Deutschland.

Mit einem feierlichen Abschlussgottesdienst ist heute der 100. Deutsche Katholikentag in Leipzig zu Ende gegangen. Seit Mittwoch (25. Mai 2016) waren mehrere zehntausend Teilnehmer unter dem Leitwort „Seht, da ist der Mensch“ in Leipzig zu Gast.

Papst Franziskus hatte zum Beginn des Katholikentages eine Videobotschaft gesendet, in der er die Teilnehmer auf Deutsch begrüßte. Wer ein friedliches Zusammenleben der Menschen erreichen möchte, muss zuerst für einen inneren Frieden sorgen, besonders durch das Gebet zu Gott, sagte der Papst. „Er will uns glücklich sehen, voller Freude und Gelassenheit.“ Franziskus rief weiter dazu auf, sich durch die Nähe zu Gott zum barmherzigen Handeln anregen zu lassen: „Lassen wir uns von Gottes Barmherzigkeit auch in einer guten Beichte anrühren, um immer mehr barmherzig zu sein wie der Vater!“

Den Teilnehmern des Katholikentages wünschte der Papst, den „Armen und Zerschlagenen“ eine Stimme zu verleihen. Das Motto des Treffens verweise darauf, dass man tagtäglich geschundenen Menschen begegnete, etwa den Geflüchteten oder Alten, die „zum schnellen Sterben“ gedrängt würden. In diesen Menschen könne man dem leidenden Jesus begegnen, „der den Blick auf das ganze Ausmaß von Gemeinheit und Brutalität lenkt, das Menschen in dieser Welt erleiden und einander zufügen“, so der Papst. (Vollständiger Text hier)

Die Kirche darf nicht um sich selbst kreisen

In seiner Predigt während der Eucharistiefeier forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, den ganzen Menschen in den Blick täglichen Handelns zu nehmen. „In Jesus von Nazareth wird der Bruder aller Menschen sichtbar. In seinem Gesicht leuchtet jedes menschliche Antlitz auf, vor allem der Geschlagenen, Geschundenen und Verwundeten“, so Kardinal Marx. Der 100. Katholikentag erinnere daran, dass in der langen Geschichte der Katholikentage Laien, Verbände und die sozial in der Kirche engagierten Gruppen mit dafür gesorgt hätten, den Blick auf die ganze Wirklichkeit der Kirche und des Menschen nicht zu verlieren, „ein Blick auf Leib und Seele, auf Himmel und Erde, auf das, was den Menschen betrifft, rettet und befreit“. Deshalb gelte es, Dank für 100 Katholikentage zu sagen und zu hoffen, dass noch viele Katholikentage folgen werden.

Kardinal Marx erinnerte in der Predigt auch an Papst Franziskus, der gesagt habe, die Kirche dürfe nicht narzisstisch sein und nur um den eigenen Kirchturm kreisen: „Wir müssen eine Kirche sein, die nicht ihre eigenen Probleme zelebriert, sondern die hinausgeht, sich für den ganzen Menschen interessiert und engagiert, eben für die Armen und Kranken dieser Welt“, so Kardinal Marx. Ein solches Handeln der Kirche entspreche der Suchbewegung Gottes, wenn er nach dem verlorenen Paradies die Frage stelle: „Adam, wo bist du?“ Die Suchbewegung Gottes nach dem Menschen durchziehe die Geschichte, die immer auf die Perspektive nach Rettung und Heilung ausgerichtet sei. Dieses Suchen finde seinen Kristallisationspunkt in Jesus von Nazareth. Kardinal Marx fügte hinzu: „Es kann keine Gottesverehrung aus einer christlichen Perspektive geben, die nicht auch den Menschen in diese Verehrung mit hineinnimmt. Es ist immer eine Verkürzung der Botschaft Christi, wenn wir Mauern bauen, die Sicht auf den anderen verlieren, wenn wir nur an uns denken, was wird aus mir, aus meiner Pfarrei, aus meinem Leben? Wir müssen fragen: Was wird aus den Menschen? Was wird aus der Erde? Wir sind berufen, möglichst allen Menschen die Perspektive der Hoffnung zu schenken.“

 In der Flüchtlingsfrage den Menschen sehen

Eindringlich ging Kardinal Marx auf die aktuelle politische Lage und die Flüchtlingssituation ein. Die Kirche könne und wolle den Staat nicht ersetzen. „Aber es gibt eine christliche, vom Evangelium her inspirierte Politik. Deshalb wollen wir in unsere Gesellschaft Prinzipien des Evangeliums einbringen, auch in die gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen. Wir wollen Politik möglich machen, aber nicht den Politiker ersetzen“, so Kardinal Marx. Das gelte in besonderer Weise mit Blick auf die Flüchtlinge: „Hier gibt es Prinzipien, an denen wir nicht rütteln, diese Prinzipien verstehen wir vom Evangelium her: Wenn jemand an unsere Grenzen kommt, wird er menschenwürdig behandelt, dann bekommt dieser Flüchtling ein faires Verfahren und niemand wird zurückgeschickt in eine Situation, in der Krieg oder Verfolgung herrschen.“ Kardinal Marx fügte hinzu: „Wir müssen alles dafür tun, dass die europäische Grenze nicht eine Grenze ist, an der mehrere tausend Menschen im Jahr ertrinken. Das dürfen wir nicht zulassen! Wir wollen deshalb Politik aus dem Geist des Evangeliums möglich machen.“ Das Evangelium sei Provokation, aber eine heilsame Provokation, sagte Kardinal Marx.

Für den Christen gehe es um die Verkündigung der allumfassenden Barmherzigkeit Gottes. „Wir machen das Evangelium nicht abhängig von Meinungsumfragen oder Stimmungen, sondern wir versuchen, die ganze Kraft des Evangeliums in die Gesellschaft hineinzutragen. Alle werden wir dafür sorgen, dass das Evangelium von der Barmherzigkeit Gottes diese Kultur und diese Gesellschaft in unserem Land prägt“, so Kardinal Marx.

Zum Abschluss des Gottesdienstes dankte Kardinal Marx dem gastgebenden Bistum Dresden-Meißen sowie dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) für die Tage der Begegnung. Bischof Dr. Felix Genn (Münster) lud zum Abschluss des Leipziger Katholikentags zum 101. Katholikentag nach Münster ein, der vom 9. bis 13. Mai 2018 stattfindet.

 Beitrag der Schönstatt-Bewegung Deutschlands

Schon seit Jahren engagiert sich die Schönstatt-Bewegung Deutschlands auf den Katholikentagen. In Leipzig gab es wie immer einen Infostand, dazu Spurensuche beim Mittagsgebet, Eheweg und Hausheiligtums-Angebot,  Mitarbeit bei der Ökumenischen Marienfeier und einem Segnungsgottesdiest für Ehepaare.

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