Veröffentlicht am 2013-08-11 In Franziskus - Initiativen und Gesten

Eine Kultur der Begegnung

ARGENTINien, mda. „Wie jedes Jahr spreche ich zu euch, nachdem ich in der langen Schlange den Gang zum Heiligen gemacht habe. Aber dieses Mal habe ich diesen Gang nur mit dem Herzen gemacht. Ich bin etwas weit weg, um diesen so schönen Augenblick gemeinsam mit euch erleben zu können, diesen Augenblick, in dem ihr zum Bild des heiligen Kajetan pilgert“, so Papst Franziskus in seiner Videobotschaft an die Tausende von Pilger, die Schlange stehen, oft viele Stunden lang, um in das Heiligtum des Patrons von Brot und Arbeit im Stadtteil Liniers von Buenos Aires zu gelangen. „Das Motto, das Ihr gewählt habt, spricht von einer anderen Begegnung, es lautet ja: Gemeinsam mit Jesus und Sankt Kajetan den Bedürftigen begegnen“, unterstrich er in der vom Kanal 21 des Erzbistums Buenos Aires ausgestrahlten und auf eine Großleinwand vor dem Heiligtum projizierten Videobotschaft. Die „Kultur der Begegnung“, zu der Franziskus in dieser Botschaft erneut aufrief, ist seine Botschaft, ganz und gar. Seine Botschaft, die er lebt und die ihm die Herzen so vieler Gläubiger wie Nicht-Gläubiger öffnet. Sperrangelweit.

“Er ist jedes Jahr gekommen, um die heilige Messe zu feiern! Und gleich am Anfang sagt er, dass er aus der Ferne mit uns pilgert! Es ist so herrlich, ihn uns in seiner Diözese so nahe zu erleben, bei allen wichtigen Daten. Er vergisst sein Volk nicht, es hat alle so ergriffen, als die Videobotschaft anfing, gab es überall Tränen“, berichtet jemand aus Buenos Aires.  Es war so ähnlich wie bei seinem Telefonanruf am 19. März, unmittelbar vor der heiligen Messe zur Übernahme des Papstamtes. Da hatte er per Telefon die Tausende gegrüßt, die sich mitten in der Nacht auf der Plaza de Mayo versammelt hatten, um live dabei zu sein, wenn ihr Kardinal Bergoglio Papst wird … und ihr Guter Hirte bleibt. Nähe ohne Angst, das Protokoll zu  verletzen. Nähe ohne Angst, zu viel zu lieben.

Er betet für die Opfer der Gasexplosion in einem Hochhaus in Rosario und schreibt einen Brief an einen schwerkranken Priester in Tucumán … Er zeigt, dass Gott seinen Menschen einen Vater schenken wollte … und die Menschen zeigen, dass sie nichts dringender brauchen als die bedingungslose Liebe eines Vaters. Sie waren wohl Werkzeug des Heiligen Geistes, die beiden jungen Leute, die ihn in der Favela begrüßt haben und ihn „Vater Franziskus“ nannten …

Und dieser Vater ruft auf zu einer Kultur der Begegnung

Am 7. August feiert das Stadtviertel Liniers in Buenos Aires, Argentinien; man feiert Sankt Kajetan, den Patron von Brot und Arbeit. Von Mitternacht am Vortag an warten die Menschen in langen Schlangen darauf, das Heiligtum zu betreten und dem heiligen Kajetan ihre Bitten anzuvertrauen; sie bitten um Brot und Arbeit oder danken dafür, dass sie beides haben. Das begeisterte Warten macht müde, man wartet Stunden, die Vorfreude der Gläubigen wächst, manche aus dem Landesinnern  kampieren schon eine Woche oder länger irgendwo in der Nähe; sie alle wollen ins Heiligtum, wollen an diesem Tag, an dem die Kirche ihren Patron feiert, wenigstens das Glas berühren, das die kleine Heiligenstatue beschützt und dort die Bitte aussprechen, um Fürbitte anhalten. Kardinal Jorge Mario Bergoglio war immer unter den Pilgern, “nach dem Pilgern in der Schlange”, mitten unter ihnen. Auch dieses Jahr, und er ruft sie auf zu einer Kultur der Begegnung… der realen Begegnung mit den Ärmsten und Notleidendsten. Es ist Bündniskultur, Kultur des Bündnisses der Liebe. Nicht als Schlagwort. Reales Tun.

“Als Papst Franziskus ernannt wurde, habe ich mein Zeugnis gegeben von dem, was er uns immer bei den Treffen der Caritas gesagt hat, erinnert Ihr Euch an dieses ‚schaut den Leuten in die Augen, gebt ihnen die Hand‘? Das ist genau das, was er heute sagt“, so Cecilia Mata aus Buenos Aires.

“An einer Ampel in Córdoba sitzt immer ein junger Mann im Rollstuhl, den ich nicht nur nicht angeschaut habe, sondern dem ich auch nie auch nur einen Centavo gegeben habe”, erzählt Juan Barbosa aus Córdoba. „Nachdem ich eine Predigt von Franziskus über das Almosengeben gelesen habe, habe ich angefangen, ihm etwas zu geben und vor allem darauf zu achten, ihm in die Augen zu schauen …Das Lächeln, das er mir schenkt, ist viel mehr wert als das, was ich ihm gebe, und seine spontane Freundschaft machen mir den Halt an dieser Ampel zur Freude… Da ich wegen der schlanken Linie auch viel zu Fuß gehe, komme ich auch zu Fuß öfters an dieser Ampel vorbei, dann grüßen wir uns lautstark schon von Weitem und mit einem Lächeln. Wie wenig kostet es doch, ein wenig besser zu sein!“

Videobotschaft von Papst Franziskus zur Kajetan-Wallfahrt in Liniers, Buenos Aires

Guten Abend,
Wie jedes Jahr spreche ich zu euch, nachdem ich in der langen Schlange den Gang zum Heiligen gemacht habe. Aber dieses Mal habe ich diesen Gang nur mit dem Herzen gemacht. Ich bin etwas weit weg, um diesen so schönen Augenblick gemeinsam mit euch erleben zu können.

Diesen Augenblick, in dem ihr zum Bild des heiligen Kajetan pilgert. Wozu? Um ihm zu begegnen, um Jesus zu begegnen. Aber heute spricht das Motto eurer Wallfahrt, das von euch gewählte Motto, gewählt unter so vielen anderen Möglichkeiten, heute spricht das Motto von einer anderen Begegnung, es sagt: Mit Jesus und Kajetan den Bedürftigen begegnen. Es spricht von der Begegnung mit den Menschen, die mehr brauchen, mit denen, die unsere helfende Hand brauchen, die es brauchen, dass wir sie liebevoll anschauen, dass wir ihren Schmerz und ihre Sorgen, ihre Probleme teilen. Aber das Wichtigste ist, sie nicht aus der Distanz anzuschauen oder aus der Ferne zu helfen.  Nein, nein! Ihnen begegnen! Das ist Christentum! Das ist das, was Jesus uns lehrt: Den Bedürftigsten begegnen! Wie Jesus, der immer den Menschen persönlich begegnet ist. Er ist hingegangen, um ihnen zu begegnen. Herausgehen, um den Bedürftigsten zu begegnen.

„Ab und zu frage ich jemanden: „Geben Sie Almosen?“ Und man antwortet mir „Ja, Pater!“ „Und wenn Sie Almosen geben, schauen Sie die Menschen an, denen Sie Almosen geben?“ „Ah, nein, ich schaue nicht hin“. „Dann sind Sie den Menschen nicht wirklich begegnet. Sie haben das Almosen hingeworfen und sind weggegangen. Wenn Sie aber Almosen geben, berühren Sie die Hand oder werfen Sie das Geld hin?“ „Ich werfe das Geld hin.“ „Dann haben Sie ihn nicht berührt. Und wenn Sie nicht berührt haben, dann hatten Sie keine Begegnung. Das vor allem lehrt uns Jesus, was Begegnung ist, Begegnen, Helfen.“

Wir müssen lernen, einander zu begegnen. Wir müssen eine Kultur der Begegnung errichten, bauen, schaffen. Wieviele missstimmige Zusammentreffen, Durcheinander in der Familie, immer! Durcheinander im Viertel, Durcheinander auf der Arbeit, Durcheinander wohin man schaut. Und die missstimmigen Zusammentreffen nützen nichts. Kultur der Begegnung. Rausgehen zur Begegnung. Und das Motto sagt, den Bedürftigsten begegnen, das heißt, denen, die mehr brauchen als ich. Denen begegnen, denen es schlecht geht, schlechter als mir gerade. Und es gibt immer einen, dem es schlechter geht, oder? Immer! Es gibt immer einen. Ich denke mir: Ich durchlebe gerade eine schlimme Zeit, und ich stelle mich an, um dem heiligen Kajetan zu begegnen und Jesus und danach gehe ich heraus um den anderen zu begegnen, denn es gibt immer jemanden, dem es noch schlimmer geht als mir. Diesen Menschen müssen wir begegnen.

Danke fürs Zuhören, danke, dass ihr heute hierher gekommen seid, danke für alles, was ihr im Herzen tragt. Jesus hat euch sehr lieb! Sankt Kajetan hat euch sehr lieb! Er bittet euch nur eines: Dass ihr Begegnung habt! Dass ihr rausgeht und dem Bedürftigsten begegnet! Aber nicht allein. Mit Jesus, mit Sankt Kajetan! Gehst du, um jemanden davon zu überzeugen, katholisch zu werden? Nein, nein, nein! Gehe, um ihm zu begegnen, er ist dein Bruder! Das allein genügt. Und wenn du ihm begegnest, dann macht Jesus den Rest, dann macht der Heilige Geist den Rest.

Denkt gut daran: Mit Sankt Kajetan zu den Bedürftigsten, begegnen wir den Bedürftigsten! Mit Jesus zu den Bedürftigen, zu denen, die am meisten brauchen, gehen wir zu denen, die am meisten brauchen! Und sicher zeigt Jesus dir dabei den Weg, um dem zu begegnen, der am meisten braucht. Wenn du dem begegnest, der am meisten braucht, wird dein Herz größer, immer größer, immer größer! Denn die Begegnung multipliziert die Fähigkeit zu lieben. Die Begegnung mit dem anderen erweitert das Herz. Habt Mut! „Allein weiß ich aber nicht, wie ich es machen soll.“ Nein, nein, nein! Mit Jesus und Sankt Kajetan! Gott segne dich und lasse diesen Festtag von Sankt Kajetan gut ausklingen.

Und bitte: vergesst nicht, für mich zu beten! Danke.

Original: Spanisch. Übersetzung der Botschaft von Franziskus teils von Radio Vatikan, teils von schoenstatt.org

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