unidad

Veröffentlicht am 2022-06-06 In Franziskus - Botschaft

Einheit ist nicht nur ein Selbstzweck

PFINGSTEN 2022 •

Vier Botschaften zu Pfingsten, vier Botschaften zur Einheit: Am 3. Juni empfing der Heilige Vater Papst Franziskus im Apostolischen Palast des Vatikans eine Delegation junger Priester und Mönche aus den orthodoxen Ostkirchen in Audienz, und gab ihnen „Schritte“ zum Verständnis der Einheit – jener Einheit, die immer herbeigesehnt wird und immer in Gefahr ist, zum Selbstzweck, zur Uniformität, und von der Uniformität zur Vermassung und zum Sklavengeist zu verkommen.

Eine Botschaft in vier Impulsen, die hoffentlich für all unsere Pfingsttreffen nützlich ist.

1  

Der erste Gedanke ist, dass die Einheit ein Geschenk ist, ein Feuer, das von oben kommt. Natürlich müssen wir unermüdlich beten, arbeiten, Gespräche führen und uns vorbereiten, damit wir diese außergewöhnliche Gnade empfangen können. Die Erreichung der Einheit ist jedoch nicht in erster Linie eine Frucht der Erde, sondern des Himmels; sie ist nicht in erster Linie das Ergebnis unseres Engagements, unserer Bemühungen und unserer Vereinbarungen, sondern des Wirkens des Heiligen Geistes, dem wir unsere Herzen vertrauensvoll öffnen müssen, damit er uns auf den Pfaden der vollen Gemeinschaft führen kann. Einigkeit ist eine Gnade, ein Geschenk.


2

Eine zweite Lehre von Pfingsten ist, dass Einheit Harmonie bedeutet. Eure Delegation, die sich aus Kirchen unterschiedlicher Traditionen zusammensetzt, die in Gemeinschaft des Glaubens und der Sakramente leben, veranschaulicht diese Realität gut. Einheit bedeutet nicht Uniformität und ist auch nicht das Ergebnis von Kompromissen oder fragilen diplomatischen Gleichgewichten. Einheit ist Harmonie in der Vielfalt der Charismen, die der Geist hervorbringt. Denn der Heilige Geist liebt es, sowohl Vielfalt als auch Einheit zu erwecken, wie an Pfingsten, wo die verschiedenen Sprachen nicht zu einer einzigen reduziert wurden, sondern in ihrer Pluralität vereinigt wurden. Harmonie ist der Weg des Geistes, denn er selbst ist, wie der heilige Basilius der Große sagt, Harmonie.


3

Eine dritte Lehre des Pfingsttages ist, dass Einheit ein Weg ist. Es ist kein Projekt, das aufgeschrieben wird, kein Plan, der am Schreibtisch studiert wird; es geschieht nicht in Unbeweglichkeit, sondern in Bewegung, in der neuen Dynamik, die der Geist ab Pfingsten den Jüngern verleiht. Sie entsteht auf dem Weg: Sie wächst im Austausch, Schritt für Schritt, in der gemeinsamen Bereitschaft, die Freuden und Mühen des Weges zu begrüßen, in den Überraschungen, die sich auf dem Weg ergeben. Wie Paulus den Galatern schreibt, sind wir verpflichtet, nach dem Geist zu wandeln (vgl. Gal 5,16.25). Oder, wie der heilige Irenäus, den ich kürzlich zum Doktor der Einheit ernannt habe, sagt, ist die Kirche tôn adelphôn synodia, ein Ausdruck, der mit „eine Karawane von Brüdern“ übersetzt werden kann. Hier, in dieser Karawane, wächst und reift die Einheit, die – ganz im Sinne Gottes – nicht durch ein plötzliches und auffälliges Wunder entsteht, sondern durch das geduldige und ausdauernde Teilen eines gemeinsamen Weges.


4

Ein letzter Aspekt. Einheit ist nicht einfach ein Selbstzweck, sondern ist mit der Fruchtbarkeit der Verkündigung verbunden: Einheit ist für die Mission. Wie Jesus gebetet hat: „Sie sollen alle eins sein … damit die Welt glaubt“ (Joh 17,21). An Pfingsten wurde die Kirche als Missionarin geboren. Und auch heute noch wartet die Welt, wenn auch unbewusst, darauf, das Evangelium der Nächstenliebe, der Freiheit und des Friedens kennenzulernen, das wir aufgerufen sind, gemeinsam miteinander zu bezeugen, nicht gegeneinander oder voneinander weg. In dieser Hinsicht bin ich dankbar für das gemeinsame Zeugnis eurer Kirchen. Ich denke dabei besonders an diejenigen – und das sind viele -, die ihren Glauben an Christus mit Blut besiegelt haben. Danke für all die Samen der Liebe und Hoffnung, die im Namen des auferstandenen Gekreuzigten in verschiedenen Regionen ausgestreut wurden, die leider immer noch von Gewalt und Konflikten gezeichnet sind, die zu oft vergessen werden.

Papst Franziskus, 4.6.2022


Unión que no masifica
Liebe herrsch dort allezeit,
Wahrheit und Gerechtigkeit,
Einheit, die nicht Masse wird,
nicht zum Sklavengeiste führt.

P. Kentenich, Himmelwärts, Zeptergebet


Original: Spanisch, Text von Papst Franziskus: Italienisch. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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