Veröffentlicht am 2015-09-28 In Franziskus - Botschaft

Das Schönste, was Gott gemacht hat, sagt die Bibel, ist die Familie

FRANZISKUS IN DEN USA•

Leben entzündet sich am Leben. Ein Schlüsselsatz Pater Kentenichs nicht nur zur Erziehung, sondern zur Pädagogik insgesamt und selbstverständlich, zur Kommunikation. Hier liegt der Unterschied zwischen Kommunikation aus dem Leben, was die Menschen interessiert und Leben entzündet, und einer institutionellen Kommunikation, die nur dem nützt, der sie publiziert als eine Art Selfie auf hohem Niveau.  Leben entzündet sich am Leben. Papst Franziskus zeigt das mit jedem Wort, jeder Geste, doch besonders in Momenten der Begegnung mit realen, authentischen Zeugnissen (nicht alles, was Zeugnis heißt, ist ja auch eins), die ihn dazu bringen, seine vorbereiteten Reden auf die Seite zu legen und aus dem Klima, das ihn umgibt, spontan zu sprechen. Er hat keine Angst vor der Begegnung mit der Wirklichkeit, im Gegenteil. Er scheint sie tief einzuatmen – und sie auszuatmen, nachdem sie durch sein Herz als Hirte und Vater gegangen sind mit allen damit verbundenen Reaktionen. Ein- und Ausatmen, eine andere Definition von Kommunikation im Bündnis, die wir von Pater Kentenich kennen.

Das war es, was wir Samstagnacht bei der Vigil des Welttreffens der Familien erlebt haben. Vergessen alle Müdigkeit. Er spricht in Spanisch, seiner Muttersprache. „Es war eine sensationelle Feier, wenn auch etwas überladen, besonders für Bergoglio, dessen Gesundheit während dieser langen, anstrengenden Reise gelitten hat“, so der Kommentar des spanischen Journalisten Jesús Bastante. „Er sah müde und erschöpft aus… bis er das Wort ergriff. In diesem Moment verwandelte Franziskus sich. Er war wieder der Papst des Lächelns, der Umarmungen, der festen, begeisternden Stimme, der hier ein Loblied auf die Schönheit der Familie sang, die uns zu Gott erhebt, und auf alle, die Zeugnis davon geben, dass die Familie jede Mühe wert ist und dass die Gesellschaft stark, gut, schön und echt wird, wenn sie auf der Basis der Familie aufbaut.“

„Einfach außergewöhnlich. Die Worte von Papst Franziskus sind mir ins Herz gefallen. Sie haben mich zum Nachdenken, zum Weinen und zum Lachen gebracht. Er ist das Gewissen der Welt“, so ein Kommentar auf ACIprensa.

Und die deutsche Redaktion von Radio Vatikan, die mitten in der Nacht keinen Bericht mehr schafft, schreibt: „Er sprach spanisch und frei, sein Übersetzer gab alles, um mit den Worten und der Energie Schritt zu halten. Den Abend über schien es einige Male, dass die Show wichtiger wurde als der Inhalt. Der Papst konnte das vollständig drehen, aus dem Rockstar wurde wieder der charismatische Hirte, als der er sich während der Reise schon mehrfach zeigte.“

Text der frei gesprochenen Rede in der Vigil beim Welttreffen der Familien, 25. 09. 2015

Liebe Brüder und Schwestern,
liebe Familien,

ich danke denen, die ihr Zeugnis gegeben haben. Ich danke denen, die uns mit der Kunst, mit der Schönheit erfreut haben, die der Weg ist, um zu Gott zu gelangen. Die Schönheit führt uns zu Gott. Und ein wahres Zeugnis führt uns zu Gott, denn Gott ist auch die Wahrheit. Er ist die Schönheit und die Wahrheit. Und ein Zeugnis, das gegeben wird, um zu dienen, ist gut und macht uns gut, denn Gott ist Güte. Es führt uns zu Gott. Alles Gute, alles Wahre und alles Schöne führt uns zu Gott. Denn Gott ist gut, Gott ist schön, Gott ist wahr.

Vielen Dank an alle! An die, welche uns hier eine Botschaft übermittelten, und Dank für Eure Anwesenheit, die ebenfalls ein Zeugnis ist. Ein wahres Zeugnis dafür, dass das Familienleben der Mühe wert ist. Dafür, dass eine Gesellschaft an Stärke zunimmt, an Güte zunimmt, an Schönheit zunimmt, an Wahrhaftigkeit zunimmt, wenn sie auf dem Fundament der Familie aufgebaut wird.

Einmal fragte mich ein Kind – ihr wisst, dass die Kinder schwierige Fragen stellen – es fragte also: „Pater, was tat Gott, bevor er die Welt erschaffen hat?“ Ich versichere euch, dass es mir schwer fiel zu antworten. Und ich sagte ihm, was ich nun euch sage: Bevor er die Welt erschuf, liebte Gott, denn Gott ist die Liebe. Doch die Liebe, die er in sich hatte, diese Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, war derartig, war so groß, so überbordend – ich weiß nicht, ob das sehr theologisch ist, aber ihr werdet mich verstehen – sie war so groß, dass er nicht egoistisch sein konnte: Er musste aus sich herausgehen, um etwas zu haben, was er außerhalb seiner selbst lieben konnte. Und da erschuf Gott die Welt. Da erschuf Gott dieses Wunder, in dem wir leben und das wir, weil wir „nicht ganz bei Trost“ sind, zerstören. Doch das Schönste, was Gott erschuf – sagt die Bibel –, war die Familie. Er erschuf den Mann und die Frau. Und er übergab ihnen alles. Er übergab ihnen die Welt: „Wachst, vermehrt euch, bebaut die Erde, lasst sie Frucht bringen, lasst sie wachsen!“ All die Liebe, die er in dieser wunderbaren Schöpfung verwirklichte, übergab er einer Familie.

Gehen wir ein wenig zurück. All die Liebe, die Gott in sich hat, all die Schönheit, die Gott in sich hat, all die Wahrheit, die Gott in sich hat, übergibt er der Familie. Und eine Familie ist wirklich Familie, wenn sie fähig ist, die Arme auszubreiten und all diese Liebe zu empfangen. Natürlich ist das irdische Paradies nicht mehr hier, das Leben hat seine Probleme; die Menschen haben – aufgrund der Hinterlist des Teufels – gelernt, sich zu entzweien. Und all die Liebe, die Gott uns gab, geht fast ganz verloren. Und nach kurzer Zeit: das erste Verbrechen, der erste Brudermord. Ein Bruder tötet den anderen Bruder: Krieg. Die Liebe, die Schönheit und die Wahrheit Gottes – und die Zerstörung des Krieges. Und zwischen diesen beiden Positionen sind wir heute unterwegs. Bei uns liegt es, zu wählen, wir müssen entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen.

Doch schauen wir zurück. Als der Mann und seine Frau diesen Fehler machten und sich von Gott entfernten, hat Gott sie nicht allein gelassen. So groß war seine Liebe. Seine Liebe war so groß, dass er begann, mit der Menschheit mitzugehen, dass er begann, mit seinem Volk mitzugehen, bis die Zeit reif war und er ihm den größten Beweis seiner Liebe gab: seinen Sohn. Und seinen Sohn – wohin sandte er ihn? In einen Palast? In eine Stadt? Um ein Unternehmen zu starten? Er sandte ihn in eine Familie. Gott ist in einer Familie in die Welt eingetreten. Und er konnte es tun, weil diese Familie eine Familie war, die ihr Herz für die Liebe geöffnet hatte, eine Familie mit offenen Türen. Denken wir an Maria, dieses junge Mädchen. Sie konnte es kaum glauben: „Wie soll das geschehen?“ Und als es ihr erklärt wurde, gehorchte sie. Denken wir an Josef, voller Träume, ein Zuhause zu bilden, und da stößt er auf diese Überraschung, die er nicht versteht. Er akzeptiert und gehorcht. Und aus dem liebenden Gehorsam dieser Frau – Maria – und dieses Mannes – Josef – entsteht eine Familie, in die Gott hineinkommt. Gott klopft immer an die Türen der Herzen. Es gefällt ihm, das zu tun. Es kommt ihm von innen her. Doch wisst ihr, was ihm am meisten gefällt? An die Türen der Familien zu klopfen. Und die Familien geeint anzutreffen, Familien vorzufinden, die sich lieben, Familien vorzufinden, die ihre Kinder heranwachsen lassen, sie erziehen, sie voranbringen und eine Gesellschaft der Güte, der Wahrheit und der Schönheit aufbauen.

Wir sind auf dem Fest der Familien. Die Familie besitzt den Ausweis der göttlichen „Staatsbürgerschaft“. Ist das klar? Diesen Bürgerschaftsausweis hat Gott selbst der Familie ausgestellt, damit in ihrem Schoß die Wahrheit, die Liebe und die Schönheit ständig zunehmen. Gewiss, einige von euch können mir sagen: „Pater, Sie sprechen so, weil Sie unverheiratet sind.“ In der Familie gibt es Schwierigkeiten. In den Familien diskutieren wir. In den Familien fliegen manchmal die Teller. In den Familien bereiten die Kinder Kopfschmerzen. Und sprechen wir schon gar nicht von den Schwiegermüttern…Immer, immer gibt es in den Familien ein Kreuz. Immer. Denn die Liebe Gottes, der Sohn Gottes hat uns auch diesen Weg eröffnet. Doch es gibt in den Familien nach dem Kreuz auch die Auferstehung, weil der Sohn Gottes uns diesen Weg aufgetan hat. Darum ist die Familie – verzeiht mir das Wort – eine „Fabrik“ der Hoffnung, der Hoffnung auf Leben und Auferstehung, da Gott es war, der diesen Weg eröffnet hat.

Und die Kinder… Die Kinder machen Arbeit. Wir selbst haben als Kinder Arbeit gemacht. Zu Hause sehe ich manchmal einige meiner Mitarbeiter mit Ringen unter den Augen zur Arbeit kommen. Sie haben ein Baby, das  einen oder zwei Monate alt ist. Und ich frage sie: „Hast du nicht geschlafen?“ – „Nein. Es hat die ganze Nacht geweint.“ In der Familie gibt es Schwierigkeiten, doch mit Liebe werden diese Schwierigkeiten überwunden. Hass überwindet keine Schwierigkeit. Die Entzweiung der Herzen überwindet keine Schwierigkeit. Allein die Liebe ist fähig, die Schwierigkeit zu überwinden. Die Liebe ist ein Fest, die Liebe ist Freude, die Liebe ist ein Vorangehen.

Ich will nicht noch länger reden, denn es wird allzu spät, möchte aber zwei kleine Punkte in der Familie hervorheben, die ich der besonderen Fürsorge empfehlen möchte – nicht nur „möchte“: Wir müssen ihnen besondere Fürsorge widmen: Es sind  die Kinder und die Großeltern. Die Kinder und die Jugendlichen sind die Zukunft, die Kraft, sie sind diejenigen, die alles voranbringen. Sie sind die, auf die wir unsere Hoffnung setzen. Die Großeltern sind das Gedächtnis der Familie. Sie sind es, die uns den Glauben schenkten, den Glauben übermittelten. Für die Großeltern zu sorgen und für die Kinder zu sorgen, ist der Beweis vielleicht nicht der größten, wohl aber der vielversprechendsten Liebe der Familie, denn sie verspricht die Zukunft. Ein Volk, das nicht versteht, für die Kinder zu sorgen, und ein Volk, das nicht versteht, für die Großeltern zu sorgen, ist ein Volk ohne Zukunft, weil es nicht die Kraft und nicht das Gedächtnis hat, die sie voranbringen.

Nun gut, die Familie ist schön, hat aber ihren Preis; sie bringt Probleme mit sich. Manchmal gibt es Feindseligkeiten in der Familie; der Mann streitet mit der Frau, oder sie schauen sich böse an, oder die Kinder gegen den Vater…Ich gebe euch einen Rat: Niemals den Tag beenden, ohne Frieden in der Familie zu schließen. In einer Familie darf man den Tag nicht im Krieg beenden

Gott segne euch. Gott schenke euch Kraft. Gott ermutige euch, voranzugehen. Danke! – Und betet bitte für mich!

 

Text der vorbereiteten Rede

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