Veröffentlicht am 2014-11-05 In Franziskus - Botschaft

Kirche sind wir alle

PAPST FRANZISKUS, mda. Er tut das, was er in der Jubiläums-Audienz, der Aussendungsaudienz, der Schönstatt-Bewegung gesagt hat: Er übt die Kunst der Zeitverschwendung mit den Menschen. Seine Rundfahrt über den Petersplatz in der ersten Generalaudienz nach der Begegnung mit der Schönstatt-Bewegung scheint gar kein Ende zu nehmen … „Die Kirche sind wir alle“, sagt Papst Franziskus, mit diesem typischen Lächeln, das er hat, wenn er in einfachsten und für jedermann verständlichen Worten eine Botschaft von ausgesprochener Tiefe, Wichtigkeit und Klarheit vermittelt. Die sichtbare und die unsichtbare Kirche, das ist das Thema, mit dem Franziskus an diesem Mittwoch, 29. Oktober, in seiner Mittwochskatechese das Thema Kirche wieder aufgreift. Er betont, dass sich Sichtbares und Unsichtbares in der Kirche nicht diametral gegenüber stehen, sondern sich in der einen Kirche verbinden; ein Spiegel des Geheimnisses der Person Christi, die in ihrer göttlichen Natur untrennbar ist von seiner menschlichen Natur, und die sich ganz und gar in den Dienst des Erlösungsplanes gestellt hat, um allen, ja allen, Heil und Erlösung zu bringen. Die Kirche sind wir alle, ja. Das mütterliche Antlitz dieser Kirche ist Maria, die Mutter, ja. Worte von Franziskus, die schon zum Vokabular seiner Zeit geworden sind. Die Gesichter der Pilger auf dem Petersplatz sagen: Wir sehen das väterliche Gesicht der Kirche. Berührbar unter uns.

Eine ganze Weile nach der Audienz läuft ein Brautpaar – eines von denen, die vom Heiligen Vater nach der Audienz gesegnet wurden – über die Straße. Sie noch im Brautkleid, darunter allerdings Leggins und  lila Laufschuhe. „Schönstatt im Hinausgehen“, kommentiert einer der letzten Jubiläumspilger in Rom. Noch in Festtagskleidung, aber bereits dabei, den Auftrag von Papst Franziskus umzusetzen, hinauszugehen auf die Straße, zur Begegnung mit anderen, denn „Kirche sind wir alle. Wir alle, alle Getauften sind Kirche. Die Kirche Jesu.“


Text der Katechese des Papstes über die Kirche:

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

In den vergangenen Katechesen haben wir die geistliche Realität der Kirche beleuchtet: Sie ist der Leib Christi, der im Heiligen Geist errichtet wurde. Wenn wir uns auf die Kirche beziehen, denken wir jedoch immer an unsere Gemeinschaft, unsere Pfarreien, unsere Diözesen, die Strukturen, in den wir uns gewöhnlich versammeln und offensichtlich auch an die Bestandteile und die institutionellen Figuren, die sie stützen und regieren. Dabei handelt es sich um die sichtbare Realität der Kirche. Hier stellt sich uns die Frage: Handelt es sich um zwei unterschiedliche Dinge oder um die eine Kirche? Und wenn es sich stets um die eine Kirche handelt, wie können wir die Beziehung zwischen ihrer sichtbaren und der geistlichen Realität verstehen?

1. Wenn wir zunächst von der sichtbaren Realität der Kirche sprechen, dürfen wir nicht nur an den Papst, die Bischöfe, Priester, Ordensfrauen und Personen des geweihten Lebens denken. Die sichtbare Realität der Kirche besteht aus vielen getauften Brüdern und Schwestern, die an die Welt glauben, auf sie hoffen und sie lieben. Oftmals hören wir jedoch den folgenden Satz: „Aber die Kirche tut dies nicht und das nicht …“ – „Aber sagen Sie mir, was ist die Kirche?“ – „Sie besteht aus den Priestern, den Bischöfen, dem Papst …“ – Die Kirche sind wir, wir alle! Alle Getauften sind die Kirche, die Kirche Jesu. Ihr gehören alle an, die dem Herrn Jesus nachfolgen und sich in seinem Namen den Letzten und Leidenden nähern und versuchen, ihnen etwas Erleichterung, Trost und Frieden zu schenken; alle jene, die den Geboten des Herrn entsprechend handeln, sind die Kirche. So verstehen wir, dass auch die sichtbare Realität der Kirche nicht messbar ist und nicht in all ihrer Fülle erkannt werden kann: Wie kann all das Gute erkannt werden, das getan wird? Die vielen Werke der Liebe, die Treue innerhalb der Familien, die viele Arbeit für die Erziehung der Kinder, um den Glauben zu übermitteln, das viele Leid der Kranken, die ihr Leiden vor den Herrn hintragen … All dies ist unermesslich groß! Wie können alle Wunder erkannt werden, die Christus durch uns im Herzen und im Leben eines jeden Menschen bewirken kann? Bedenkt: Auch die sichtbare Realität der Kirche übersteigt unsere Kontrolle, unsere Kräfte und ist eine geheimnisvolle Realität, da sie von Gott stammt.

2. Zum Verständnis der Beziehung in der Kirche, der Beziehung zwischen ihrer sichtbaren und ihrer spirituellen Realität, gibt es nur den Weg der Betrachtung Christi, dessen Leib die Kirche bildet und von dem sie in einem Akt unendlicher Liebe hervorgebracht wird. So liegt auch in Christus die Kraft des Geheimnisses der Menschwerdung. Wir erkennen eine menschliche und eine göttliche Natur in ihm, die auf wunderbare und untrennbare Weise in der gleichen Person vereint sind. Dies gilt analog dazu auch für die Kirche. Es ist, als ob in Christus die menschliche Natur der göttlichen voll und ganz nachkommt und ihr in Funktion der Erfüllung des Heils dient. So verhält es sich in der Kirche aufgrund ihrer sichtbaren Realität gegenüber der geistlichen. Auch die Kirche ist daher ein Geheimnis, in dem das Unsichtbare wichtiger ist als das Sichtbare und nur mit den Augen des Glaubens erkannt werden kann (vgl. Dogm. Konst. über die Kirche „Lumen Gentium“, Nr. 8).

 

3. Im Fall der Kirche müssen wir uns jedoch der folgenden Frage zuwenden: Kann sie sich als sichtbare Realität in den Dienst der geistlichen stellen? Erneut gelangen wir durch die Betrachtung Christi zu einem Verständnis. Christus ist das Vorbild der Kirche, denn die Kirche ist sein Leib. Er ist das Vorbild aller Christen, unser aller. Bei der Betrachtung Christi irren wir uns nicht. Im Lukasevangelium wird erzählt, wie Jesus nach der Rückkehr an seinen Geburtsort Nazareth die Synagoge betrat und den folgenden Abschnitt des Propheten Jesaja las: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe“ (Lk 4,18-19). Wie Christus sich seiner Menschlichkeit bediente – denn er war auch ein Mensch – um den göttlichen Erlösungs- und Heilsplan zu verkündigen – denn er war Gott –, muss dies auch im Falle der Kirche geschehen. Durch seine sichtbare Realität; durch alles, das wir erkennen können, die Sakramente und die Verkündigung aller Christen, wird die Kirche Tag für Tag dazu aufgerufen, sich jedem Menschen beginnend bei den armen, leidenden und ausgegrenzten, zu nähern, sodass alle den mitfühlenden und barmherzigen Blick Jesu auf sich spüren.


Liebe Brüder und Schwestern, oft machen wir als Kirche die Erfahrung unserer Schwachheit und unserer Grenzen. Wir alle sind davon betroffen. Wir alle sind Sünder. Niemand von uns kann sagen: „Ich bin kein Sünder“. Wenn sich aber jemand von uns nicht als Sünder fühlt, so hebe er seine Hand. Wir alle sind es. Und diese Schwachheit, diese Grenzen, diese Sünden verursachen zu Recht in uns ein Gefühl tiefen Bedauerns; vor allem, wenn wir ein schlechtes Beispiel geben und erkennen, dass wir ein Grund zum Ärgernis werden. Wie oft haben wir in unserem Viertel gehört: „Naja, dieser Mensch da ist immer in der Kirche, doch er redet schlecht über alle…“ Das ist nicht christlich, das ist ein schlechtes Beispiel: das ist eine Sünde. Unser Zeugnis besteht darin, die Bedeutung des Christseins verstehen zu lassen. Bitten wir darum, kein Grund zum Ärgernis zu sein. Bitten wir um ein Geschenk des Glaubens, sodass wir begreifen können, wie der Herr uns trotz unserer Wenigkeit und unserer Armut tatsächlich zu einem Werkzeug der Gnade und zu einem sichtbaren Zeichen seiner Liebe zur gesamten Menschheit gemacht hat. Wir können zwar ein Grund zum Ärgernis werden, doch wir können auch ein Grund zum Zeugnis werden, indem wir mit unserem Leben sagen, was Jesus von uns will.

[Gebet für die Opfer der Ebola-Epidemie:]

Angesichts der Verschärfung der Ebola-Epidemie ist es mein Wunsch, meine lebendige Sorge ob dieser unerbittlichen und sich vor allem im afrikanischen Kontinent unter der am meisten benachteiligten Bevölkerung verbreitenden Krankheit zum Ausdruck zu bringen. Ich erweise euch meine zuneigungsvolle Nähe und bete für die betroffenen Personen und die Ärzte, das Pflegepersonal, die Freiwilligen, Ordensgemeinschaften und Vereinigungen, die sich heldenhaft um die Hilfe dieser kranken Brüder und Schwestern bemühen. Ich erneuere meinen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, jede notwendige Anstrengung zur Linderung des Leidens dieser so sehr geprüften Menschen zu unternehmen.

Ich rufe euch zum Gebet für jene auf, die ihr Leben verloren haben.

Übersetzung nach Zenit


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