Veröffentlicht am 2013-08-06 In Franziskus - Botschaft

Nähe nimmt die Form eines Dialogs an und schafft eine Kultur der Begegnung

org. Als “Tor zur Woche“ veröffentlichen wir jeden Montag (oder Dienstag) Sätze von Papst Franziskus für jeden Schritt im Alltag auf unserem Pilgerweg; es sind Worte aus der Woche zuvor, Worte, die uns anregen, immer mehr missionarische Pilger zu werden, solidarisch, arm, froh, offen und einfach, Pilger, die um Erneuerung bitten – in und mit der Kirche -, um Erneuerung im echten Geist des Bündnisses. Ohne Demut gibt es weder effektiven Dienst noch innere und echte Erneuerung. Es ist eigentlich ganz einfach. Denn Franziskus spricht von der Gnade 2014. Erbitten wir diese Gnade.

WOCHE 32/2013

 

Die „Änderung der Strukturen“ (von zeitgebundenen zu neuen) ist nicht das Ergebnis einer Untersuchung über die Organisation des kirchlichen Amtsapparats, aus der sich eine statische Umorganisierung ergäbe, sondern die Folge der Dynamik der Mission. Was veraltete Strukturen fallen lässt, was dazu führt, die Herzen der Christen zu verändern, ist eben gerade der missionarische Charakter.

Der Jünger Christi ist nicht ein Mensch, der sich in einer Spiritualität der Innerlichkeit isoliert, sondern ein Mensch in der Gemeinschaft, um sich an die anderen zu verschenken. Kontinentalmission schließt also kirchliche Zugehörigkeit ein. Ein Ansatz wie dieser, der mit dem Jünger- und Missionar-Sein beginnt und einschließt, die Identität des Christen als kirchliche Zugehörigkeit zu verstehen, erfordert, dass wir uns deutlich machen, welches die augenblicklichen Herausforderungen an den missionarischen Charakter des Jüngerseins sind. Ich werde nur zwei von ihnen hervorheben: die innere Erneuerung der Kirche und der Dialog mit der Welt von heute.

Aparecida hat die Notwendigkeit einer Umkehr in der Pastoral vor Augen gestellt. Diese Umkehr schließt ein, an die Frohe Botschaft zu glauben, an Jesus Christus als den Bringer des Gottesreiches, an sein Hereinkommen in die Welt, an seine Gegenwart, die das Böse besiegt, an die Hilfe und die Führung des Heiligen Geistes und an die Kirche als Leib Christi und Fortführerin der Dynamik der Inkarnation…Sorgen wir dafür, dass unsere Arbeit und die unserer Priester mehr pastoral als administrativ ist? Wer ist der hauptsächliche Nutznießer der kirchlichen Arbeit: die Kirche als Organisation oder das Volk Gottes in seiner Ganzheit?

Es ist gut, sich an die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils zu erinnern: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi (Past. Konst. Gaudium et spes, 1). Hier liegt das Fundament des Dialogs mit der Welt von heute. Die Antwort auf die Lebensfragen des Menschen von heute, besonders der jungen Generationen, bringt, wenn man auf ihre Ausdrucksweise achtet, eine fruchtbare Änderung mit sich, die mit Hilfe des Evangeliums, des Lehramtes und der Soziallehre der Kirche durchzuführen ist. Die Szenerien und die Areopage sind verschiedenster Art. So gibt es zum Beispiel in ein und derselben Stadt verschiedene imaginäre Kollektive, die „unterschiedliche Städte“ bilden. Wenn wir nur in den Maßstäben der „Kultur von immer“ verharren, im Grunde einer Kultur auf ländlicher Basis, wird das Ergebnis schließlich eine Vereitelung der Kraft des Heiligen Geistes sein. Gott ist in allen Teilen: Man muss ihn zu entdecken wissen, um ihn in der Sprache jeder Kultur verkünden zu können; und jede Wirklichkeit, jede Sprache hat einen anderen Rhythmus.

Alle utopische (auf die Zukunft gerichtete) oder restaurative (auf die Vergangenheit gerichtete) Projektion kommt nicht aus einem guten Geist. Gott ist real und zeigt sich im „Heute“. Im Hinblick auf die Vergangenheit schenkt seine Gegenwart sich uns als „Gedächtnis“ des großen Heilswerkes sowohl in seinem Volk als auch in jedem von uns; im Hinblick auf die Zukunft schenkt sie sich uns als „Verheißung“ und Hoffnung. In der  Vergangenheit war Gott zugegen und hat seine Spuren hinterlassen: Das Gedächtnis hilft uns, ihm zu begegnen. Für die Zukunft ist er nur Verheißung… und nicht in den tausendundeinen „möglichen Zukünften“. Das „Heute“ ist der Ewigkeit am ähnlichsten; mehr noch: Das „Heute“ ist ein Funke der Ewigkeit. Im „Heute“ steht das ewige Leben auf dem Spiel.

Der Auftrag als Jünger und Missionar ist eine Berufung: Ruf und Einladung. Er geschieht in einem „Heute“, jedoch „in Spannung“. Es gibt keine statische missionarische Jüngerschaft. Der Jünger und Missionar kann sich selbst nicht besitzen; seine Immanenz ist ausgespannt auf die Transzendenz des Jüngerseins und auf die Transzendenz der Mission hin. Sie lässt keine Selbstbezogenheit zu: Entweder ist sie auf Jesus Christus bezogen oder auf das Volk, dem die Verkündigung gilt. Ein Subjekt, das über sich selbst hinausgeht. Ein Subjekt, das auf die Begegnung hin ausgerichtet ist: auf die Begegnung mit dem Meister (der uns zu Jüngern salbt) und auf die Begegnung mit den Menschen, die auf die Verkündigung warten.

Darum sage ich gerne, dass die Position des Jüngers und Missionars nicht eine Zentrums-Position ist, sondern eine der Peripherien: Er lebt in der Spannung auf die Randzonen hin… einschließlich derer der Ewigkeit in der Begegnung mit Jesus Christus. In der Verkündigung des Evangeliums von „existentiellen Peripherien“ zu sprechen dezentralisiert, rückt aus dem Zentrum heraus, und gewöhnlich haben wir Angst, das Zentrum zu verlassen. Der missionarische Jünger ist ein „Dezentralisierter“: das Zentrum ist Jesus Christus, der einberuft und aussendet. Der Jünger ist an die Randgebiete der Existenz gesandt.

In Aparecida werden mit besonderer Relevanz zwei pastorale Kategorien angegeben, die aus der Ursprünglichkeit des Evangeliums selbst hervorgehen und uns auch als Maßstab dienen können, um die Art zu beurteilen, wie wir kirchlich den Auftrag als Jünger und Missionar leben: die Nähe und die Begegnung. Keine der beiden ist neu, sondern sie stellen die Weise dar, in der Gott sich in der Geschichte offenbart hat. Er ist der „nahe Gott“ für sein Volk – eine Nähe, die ihren Höhepunkt in der Inkarnation erreicht. Er ist der Gott, der hinausgeht, seinem Volk entgegengeht. Es gibt in Lateinamerika und in der Karibik „ferne“ Pastoralkonzepte, Formen einer Disziplinarpastoral, welche die Grundsätze, das Verhalten, die organisatorischen Vorgehensweisen bevorzugen… natürlich ohne Nähe, ohne einfühlsame Zuneigung, ohne Liebkosung. Man ignoriert die „Revolution der einfühlsamen Zuneigung“, die die Inkarnation des Wortes auslöste. Es gibt Pastoralkonzepte, die derart auf Distanz angelegt sind, dass sie unfähig sind, eine Begegnung herbeizuführen: die Begegnung mit Jesus Christus, die Begegnung mit den Brüdern und Schwestern. Von dieser Art der Pastoralkonzepte kann man sich höchstens eine Dimension des Proselytismus erwarten, doch nie werden sie dazu führen, eine kirchliche Eingliederung oder eine kirchliche Zugehörigkeit zu erreichen. Die Nähe schafft Gemeinschaft und Zugehörigkeit, macht die Begegnung möglich. Die Nähe nimmt die Form eines Dialogs an und schafft eine Kultur der Begegnung.

Aus der Ansprache an das Organisationskomitee von CELAM, 28.7.2013 – Vollständiger Text

Alle „Worte von Franziskus an die Pilger 2014“ hier

Ziel der Wallfahrt
ist die Erneuerung des Liebesbündnisses
in seiner missionarischen und einheitsstiftenden Gestaltungskraft
– nach innen als Erneuerung der Schönstatt-Familie,
nach außen in der Gestaltung einer Bündniskultur.

Arbeitsdokument 2014

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