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Veröffentlicht am 2021-06-20 In Fratelli Tutti, Kirche - Franziskus - Bewegungen

Warum ist das Recht auf Eigentum „sekundär“?

Von Erzbischof Víctor Manuel Fernández von La Plata, 18. Juni 2021, über AICA und die Website der Erzdiözese La Plata • 

Warum ist das Recht auf Eigentum zweitrangig, fragt der Erzbischof von La Plata, und: Warum gibt es manchmal so viel Aufregung um Dinge, die offensichtlich sind, wie eben diese Aussage von Franziskus.

Aussagen von Papst Franziskus sorgten – wieder einmal – für Kontroverse

Mons.  Víctor Manuel Fernández

Mons. Víctor Manuel Fernández

Der Papst sagte vor einigen Tagen, das Recht auf Privateigentum sei „sekundär“. Dies hatte er bereits in seiner Enzyklika Fratelli tutti ausführlicher dargelegt. Dort erkennt er nicht nur das Recht auf Eigentum an, sondern verteidigt die unternehmerische Tätigkeit als „edle Berufung“. Er erklärt, dass die primäre Funktion des Unternehmers nicht darin besteht, zu verteilen, sondern „die wirtschaftlichen und technologischen Fähigkeiten zu fördern, damit die Güter wachsen und der Wohlstand zunimmt“. Obwohl viele Menschen, die offensichtliche Absichten haben, dies zu leugnen versuchen, erklärt Franziskus ganz klar, dass die unmittelbare Tätigkeit des Unternehmers darin besteht, nach der Vermehrung des Wohlstands zu streben. Es ist seine Berufung und es ist sein Recht. Er besitzt nicht nur Eigentum, sondern arbeitet auch für dessen Entwicklung und Vermehrung.

Davon ausgehend erklärt Franziskus, dass es sich um ein „sekundäres“ und „abgeleitetes“ Recht handelt. Kommt es wirklich noch jemandem in den Sinn zu sagen, dass Eigentum ein absolutes und unbegrenztes Recht ist? Es ist doch offensichtlich, dass jemand, egal wie sehr er die Grundbuchurkunde für ein Grundstück besitzt, dieses nicht dazu benutzen kann, Giftmüll dort zu deponieren, nur weil es sein Privateigentum ist; denn er muss sich um den Planeten kümmern, der allen gehört. Niemand behauptet ernsthaft, jemand könne sein Eigentum vermehren und anhäufen, ohne Steuern zu zahlen und ohne zum Gemeinwohl beizutragen, denn er ist nicht nur Eigentümer, sondern auch Bürger. Eigentümer zu sein bedeutet auch nicht, dass er jeden erschießen kann, der unerlaubt eindringt, weil das Menschenrecht auf Leben höher steht als das auf Eigentum.

Franziskus erklärt, warum das so ist, warum Privateigentum Grenzen und Ansprüche impliziert. Erstens, weil es nicht das einzige Recht ist und die verschiedenen Rechte und Pflichten sich gegenseitig beleuchten, ergänzen und ausgleichen. Vor allem aber, weil es ein übergeordnetes Recht gibt, das nicht verleugnet oder vernachlässigt werden kann.

Die unantastbare Würde eines jeden Menschen

Was über dem Recht einiger auf Eigentum steht, ist die unantastbare Würde eines jeden Menschen, der das Recht auf Leben und ein Leben in Würde hat. Es spielt keine Rolle, ob er in einer armen Gegend geboren wurde, ob er kein Erbe erhalten hat, ob er ein Ausländer ist, ob er das Pech hatte, mit Behinderungen geboren zu werden. Diese Welt ist auch für ihn und er hat das Recht, in Würde zu leben. Das Recht einiger auf Privateigentum steht nicht über diesem primären Recht aller.

Wenn Franziskus also das Recht auf Privateigentum und den Wert der Berufung des Unternehmers anerkennt, sagt er auch, dass sie „auf die Entwicklung der anderen und die Überwindung der Armut ausgerichtet sein sollen, vor allem durch die Schaffung diversifizierter Arbeitsquellen.“ Das ist die soziale Funktion des Eigentums, die vor allem dann realisiert wird, wenn menschenwürdige Arbeit angeboten wird, wenn Steuern gezahlt werden, wenn die Umwelt bewahrt wird, aber auch mit verschiedenen Initiativen zur Unterstützung der Gemeinschaft. Aus diesem Grund haben Unternehmen in der Regel einen Bereich, der sich „soziale Verantwortung“ nennt und der auf Hilfsanfragen anderer Institutionen reagiert.

Wie dies dann in den verschiedenen konkreten Situationen angewendet wird, will Franziskus nicht definieren. Das ist Teil der gesellschaftlichen und politischen Diskussion an jedem konkreten Ort, wo viele Dinge auf den Tisch kommen und rational diskutiert werden müssen.

Deshalb komme ich auf die Ausgangsfrage zurück: Warum so viel Aufhebens um etwas Offensichtliches?

Was Franziskus sagt, ist schlicht und einfach katholische Soziallehre, nicht mehr und nicht weniger.

 

(*) Der Autor ist Erzbischof der Erzdiözese von La Plata. Er ist ehemaliger Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität von Argentinien

Original: Spanisch, 20.06.2021. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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