Veröffentlicht am 2016-10-23 In Dilexit ecclesiam, Kirche - Franziskus - Bewegungen

„Eine neue Sonne geht auf über der neuen Zivilisation, die heute entsteht…“ – heute, auf diesem sonnigen Petersplatz

ROM / INTERNATIONAL, Maria Fischer

Fast eine Woche später ist es immer noch wie ein Traum, ein Augenblick von Erleben dieser „neuen Zivilisation“, von der dieses Lied spricht, das wir mit 80.000 Menschen auf dem Petersplatz gesungen haben, der in ein himmelblau und weißes Fahnenmeer getaucht war für die Heiligsprechung des ersten „100% argentinischen“ Heiligen, der vom ersten argentinischen Papst heiliggesprochen werden sollte. Das Bild des neuen Heiligen strahlt von der Fassade des Petersdoms, und zeigt dort vielleicht zum ersten Mal einen Heiligen auf dem Rücken eines Maultiers… Neben dem Cura Brochero spricht Papst Franziskus an diesem Morgen des 16. Oktober im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit sechs weitere Selige aus Italien, Spanien, Frankreich und Mexiko heilig. „Der mich neben dem Cura Brochero am meisten beeindruckt, ist das Cristeros-Kind, José Sánchez del Río, der mexikanische Märtyrer“, sagt mir später Pfr. Rolando Montes aus Kuba. Ein Junge von 14 Jahren, der in der mexikanischen Christenverfolgung umgebracht wurde, weil er seinem Glauben nicht abschwören wollte. Es sind auch viele Mexikaner auf dem Platz mit Bildern der Gottesmutter von Guadalupe. Und immer wieder stimmen sie ihr Lied an… Wir sind auch eine ganze Reihe von Schönstättern hier, doch in diesen Stunden sind wir alle einfach Pilgernde Kirche, Kirche, die in einem Meer der Barmherzigkeit, der Dankbarkeit, der Freude schwimmt. Kirche in Magnificat-Modus.

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Liebe ist der Weg

Eine neue Sonne geht auf über der neuen Zivilisation, die heute entsteht. Eine Kette, stärker als Hass und Tod. Wir wissen es, Liebe ist der Weg. Wer hat, teilt seinen Reichtum,  und wer weiß, zwingt seine Wahrheit nicht auf. Wer regiert, versteht, dass Macht ein Dienst ist. Wir wissen, Liebe ist der Weg. Eine neue Sonne geht auf über der neuen Zivilisation, die heute entsteht…. Die 80.000 Menschen auf dem Petersplatz und den angrenzenden Straßen singen aus voller Kehle dieses Lied des Weltjugendtages in Buenos Aires 1987, viele schwenken Fahnen und Plakate ihrer Heiligen, und viele tragen auf ihren T-Shirts das Zeugnis ihres Glaubens und ihres Engagements.    Und über all dem, zu Melodie und Text dieses Liedes, zu Sonne, strahlend blauem Himmel und den Bildern der neuen Heiligen am Petersdom, liegt etwas in der Luft, das nach einer Freude schmeckt, die aus der Tiefe kommt, die verwandelt, eine Berührung der Gnade inmitten des singenden, betenden, feiernden heiligen Volkes Gottes von dem Papst Franziskus in dem neuen Buch „Mit Maria leben“ so ergriffen spricht.

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Begegnung mit dem „Wunder des Cura Brochero“

Fr. Simon Donnelly, Schönstatt-Priester aus Südafrika, der im Vatikan arbeitet, hatte mich Stunden vorher zusammen mit einem Vertreter der südafrikanischen Botschaft in der Schweiz auf jenen geheimnisvollen Wegen innerhalb des Vatikans und des Petersdoms, die nur sehr wenige betreten können, auf den Petersplatz geführt (ohne Eintrittskarte, wie immer…).  Doch selbst er fand sich dabei vor versperrten Wegen, und das wegen der schier unglaublichen Menge von Priestern, die auf einer dieser strategischen Treppen warteten. Von unserer erhöhten Position aus sah ich flüchtig Pater Javier Arteaga aus Argentinien, den Oberen der Vater-Region, und Pater Niederschlag, SAC aus Vallendar, Deutschland (und denke, was die wohl denken, wenn sie mich hier sehen…). Danach im ansonsten absolut leeren Petersdom viele Bischöfe, vor allem aus Lateinamerika. Ein kurzes Gebet am Grab von Papst Johannes Paul II., und schon steigen wir die Stufen vor dem Altar hinunter, an dem wenig später Papst Franziskus die heilige Messe feiern wird.

Doch die berührendste Begegnung geschieht in einem der Räume innerhalb des Vatikans, auf dem Weg… Eine Begegnung mit einem Ehepaar und ihrem Sohn, der auf Krücken geht. „Achtung, Leute, geht mal zur Seite, damit dieser junge Mann hier gut durchkommt“, sagt Fr. Simon. „Einen gesegneten Tag Ihnen“, sage ich auf Spanisch zu dem Jungen und seinen Eltern und schaue dabei in ein strahlendes, reines Gesicht, wir lächeln einander zu und gehen unserer Wege. Nicht im Traum hätte ich daran gedacht, dass ich diesen Jungen wiedersehen würde, und erst recht nicht wann und wo. Denn es ist bei der Messe der Heiligsprechung, im Moment der Gabenbereitung, als dieser Junge zum Heiligen Vater geht… Es ist Nicolás Flores, 16 Jahre alt, das erste Wunder auf die Fürbitte des Cura Brochero, das seine Seligsprechung im Jahr 2013 ermöglicht hat.

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Foto: Nicolás Flores bei der Messe auf dem Petersplatz

Heilige der Kirche

Die Heiligsprechung selbst ist kurz und schlicht. Eine kurze Darstellung des Lebens der neuen Heiligen, eine Formel, und wir haben sieben neue Heilige. Heilige im Dienst der Kirche, Heilige, die Pilger anziehen, die diesen riesigen Petersplatz mit 80.000 Menschen füllen, die in einer unglaublichen Freude verbunden sind.

„In dem Moment habe ich an unseren Pater Kentenich denken müssen“, sagt Pfr. Rolando, als wir uns nachmittags treffen und uns darüber austauschen, was wir auf dem Petersplatz erlebt haben. Ich auch. „Wie viele andere Heilige braucht er wohl, um den Petersplatz zu füllen?“ und „Was müssen wir heute tun, damit viele mit uns Schönstättern das Fest der Heiligsprechung Pater Kentenichs feiern möchten?“ So viele wie auf dem Petersplatz und gleichzeitig in Villa Cura Brochero in Argentinien, unter freiem Himmel trotz Regen und Kälte…

Mir geht etwas durch den Kopf, das ich ein paar Tage zuvor in einem Interview mit dem Vater des „Wunder-Kindes“ gelesen habe: „In diesem verzweifelten Augenblick, als ich sah, wie Nicolas‘ Leben verlosch, da war ich felsenfest überzeugt, dass der Cura Brochero ihn retten würde.“ Wenn ich sehe, wie Leben verlöscht – nicht physisches Leben, sondern das Leben einer Gruppe, einer Pfarrei, der Kirche, das Leben einer Schönstattgruppe, eines Projektes… dann bin ich… bin ich dann überzeugt, dass Pater Kentenich dieses Leben retten kann?

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Begegnung mit dem Volk Gottes

indexDie heilige Messe ist zu Ende, der Heilige Vater grüßt viele von denen, die im Sacrato rechts und links des Altars gewesen sind, Staatsoberhäupter, Botschafter, Bischöfe, Priester – und ihnen Pfr. Rolando Montes aus Kuba. „Heiliger Vater, bete für Kuba“, bitter er. „Ja, ich bete für Kuba und für dich“, antwortet er. „Und vergiss nicht, für mich zu beten.“ Solidarisches Bündnis mit Papst Franziskus. Zwanzig Sekunden mit dem Nachfolger Petri, für ein ganzes Leben.

Nach einigen Generalaudienzen und Messen auf dem Petersplatz kennt man die Signale… wenn die Sperrgitter geschlossen und die Securitys nervös werden. Und wirklich, das Papamobil kommt und Franziskus fährt über den Petersplatz, bis weit herunter an die Grenze zur Via della Conciliazione, grüßt, segnet, winkt… Als er dort vorbeikommt, wo ich stehe, hebe ich meinen Rosenkranz mit dem Kreuz der Einheit hoch, ein Foto von jemandem und mein Handy, in der Hoffnung, dass der Segen unseres Heiligen Vaters alle erreicht, die da als Kontakte drin sind! Währenddessen stimmen einige Argentinier neben mir noch einmal das Lied von 1987 an:  „Wer glaubt, steckt an mit seinem Leben, und der Schmerz wird überdeckt mit Liebe,  weil der  Mensch  sich solidarisch weiß mit der ganzen Welt. Wir wissen es, Liebe ist der Weg…“ Das ist auch der Weg, um eines Tages Pater Kentenich und seine geistlichen Söhne und Töchter da zu sehen,  wo jetzt die Bilder der sieben neuen Heiligen der Kirche hängen.

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Predigt des Heiligen Vaters bei der Messe zur Heiligsprechung, Fotos des Osservatore Romano, Video

Weitere Fotos

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„Un nuevo sol“- Eine neue Sonne, Hymne des WJT 1987

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer/schoenstatt.org

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