Veröffentlicht am 2016-05-29 In Projekte, Werke der Barmherzigkeit

„Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht…“ – und seid meine Freunde geworden

PARAGUAY, von Maria Fischer •

„Der Artikel in schoenstatt.org über deinen Besuch im Jugendgefängnis hat mich zur Gefängnispastoral gebracht“, begrüßt mich eine junge Frau aus der Mütterliga, die schon seit geraumer Zeit keinen Terminplan mehr braucht, um zu wissen, was sie am Samstagnachmittag vor hat: Visitación de Maria, Heimsuchung Mariens, Besuch bei den Jugendlichen im Jugendgefängnis von Itauguá, dem größten in Paraguay mit bis zu 220 Insassen zwischen 14 und 18 Jahren. „Dieser Besuch hat mich einfach ergriffen.“ – „Mich auch“, denke ich, auch wenn ich diese Jugendliche nur einmal im Jahr besuchen kann und an diesem 7. Mai zum ersten Mal Pater Pedro Kühlcke und einige Mitglieder aus dem Team der Gefängnispastoral zur Samstags-Katechese mit anschließendem Imbiss begleite. Da bin ich also wieder, an diesem Ort des ersten Tereré meines Lebens, dem Ort herzlicher Umarmungen, eines riesigen Kloßes im Hals, der Spontanspende alles Bargeldes, das ich dabei hatte (viel zu wenig für so viel Not) und eines ganz großen Schmerzes beim Anblick der Kindergesichter (ja, es sind Kinder), alle (seltsam…) aus der Unterschicht, dieser Kinder, die nie eine Chance hatten auf ein Leben wie ich es habe und wie es die Kinder in meiner Umgebung haben.

Es geht durch die Kontrolle, wir geben Pass, Ringe und Uhren ab und betreten das Gefängnis. Miteinander schleppen wir Pakete mit Keksen und Kakao vom Auto bis zur Eingangstür, wo schon einige Jugendliche warten, um beim Transport der jeden Samstag sehnlichst erwarteten Speisen und Getränke zu helfen. Alles wird in den einfachen Mehrzweckraum gebracht, der auch als Gefängniskapelle dient und in dem die Dreimal Wunderbare Mutter ihren Thron inmitten ihrer verletzlichsten und vergessensten Kinder aufschlagen wollte.

Maialtar im Gefängnis

„Maria, Maienkönigin, dich will der Mai begrüßen…O lass die Blumen um und um in allen Herzen sprossen, und mache sie zum Heiligtum, drin sich der Mai erschlossen…“

Als ich den Mehrzweckraum betrete, die Kapelle, sehe ich auf dem Altar eine Statue der Gottesmutter von Caácupé mit einem Blütenzweig in den Armen. Ich bin allein dort mit einem Jungen von vielleicht 15 Jahren, etwas scheu, und der mir keine Antwort gibt, als ich sage: „Die Gottesmutter freut sich bestimmt ganz doll über die Blumen, die ihr ihr geschenkt habt. Genauso macht es Papst Franziskus, bevor er eine Reise macht und wenn er zurückkommt…“ Der Junge schaut mich an und dann die Gottesmutter, den Blütenzweig, und dann greift er den und rennt nach draußen. Irgendetwas hab ich falsch gemacht, denke ich, gehe ihm hinterher und sehe den Blütenzweig auf dem Boden liegen. Warum? Was hab ich gesagt?

Es vergehen gute fünf Minuten, dann kommt der Junge zurück, in der Hand einen Blütenzweig. „Der andere war welk“, sagt er. „Es müssen schöne Blumen sein.“ Scheu legt er den Blütenzweig vor die Füße der Gottesmutter. „Leg ihn ihr in die Hände“, sage ich. „Sie freut sich jetzt über dein Geschenk. Und Geschenke gibt man in die Hand.“ Der Junge schaut mich mit einem ebenso erstaunten wie bewegten Blick an… Gemeinsam legen wir die Blüten in die Hand der kleinen Marienfigur und lächeln. Es ist Marienmonat, es ist Mai, wir schmücken den Mailaltar… Es sind die schönsten Maienblüten, die ich jemals der Gottesmutter geschenkt habe.

Da sind wir wieder, du und ich

“Da sind wir wieder, du und ich“, begrüßt mich ein Jugendlicher. „Schön, dass du uns wieder besuchst, Maria.“ Ja, wir kennen uns, er war letztes Jahr hier, kam frei und nach ein paar Wochen wieder in Haft. Er wusste nicht, wo er bleiben sollte, wie er überleben sollte, ohne zu stehlen. Da sind wir wieder, er und ich.

Dann kommt Alberto (Name geändert). „Ich hab ein Foto von mir mit dir“, erklärt er. Er erinnert sich genau an meinen Besuch. Diesmal können wir keine Fotos machen. Eine Umarmung, ein Lächeln muss reichen.

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Besuch 2015

Pedro Kühlcke begrüßt die erste Gruppe, stellt mich vor, fragt, wer sich noch an den Besuch im letzten Jahr erinnert. Es sind viele. Zu viele. Am Morgen haben wir gefeiert, dass die Casa Madre de Tupãrenda schon ein Dach hat. Bald ist der Bau fertig, bald werden dort 20 Jugendliche nach ihrer Entlassung in die so ersehnte Freiheit aufgenommen mit dem großen Ziel, sie nicht wieder im Gefängnis zu sehen…

Während P. Pedro draußen bleibt für alle, die beichten oder reden wollen (ist letztlich dasselbe), lesen wir das Tagesevangelium, gibt es danach eine einfache Katechese darüber, dass Gott jeden einzelnen lieb hat, dass er sie lieb hat, dass er verzeiht. Wer sich zur Taufe vorbereiten möchte, kann es bei einem jungen Mitarbeiter der Pastoral machen. Wir beten gemeinsam das Vaterunser, dann ist ausgiebig Zeit für die Fürbitten der Jugendlichen: um Freiheit, für ihre Familien, für den Kameraden, der letzte Woche gestorben ist …

Der ersehnte Imbiss

Danach wird, unterstützt von zwei Jugendlichen aus dem Gefängnis, Gebäck und Kakao verteilt, und es beginnt der ersehnte Samstagsimbiss für die Jungen, die zwar nicht Hunger leiden, aber immer Hunger haben. „Bis jetzt hat es immer gereicht, dass wir jedem etwas mitbringen konnten“, berichtet Ismelda Vázquez, “auch wenn wir manchmal bis zum letzten Moment das Geld für den Einkauf nicht hatten. Manchmal lege ich einfach vor…“, sagt sie. Ich weiß, wieviel das kostet, denn das Geld für den Imbiss am kommenden Samstag ist mein Beitrag für dieses wunderbare Apostolat. Mit 100 Euro werden diese 180, 200, 220 Jungen satt. „Wir können sie doch nicht enttäuschen… Sie haben doch nur uns.“

Mutter von Tupãrenda, Brotmutter, Mutter von Hörnchen, Chipas und Limonade, zeig dich wunderbar…

Besuch im Gefängnis mit Geburtstagsfeier für Pater Kühlcke

Besuche und immer mehr Besuche

„Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht.“ Pater Kühlcke und einige seiner Mitarbeiter besuchen nicht nur die Jugendlichen im Gefängnis, sondern auch diejenigen, die den Rest ihrer Strafe im Hausarrest verbringen, verteilt in den Siedlungen im Nirgendwo der Peripherie von Luque, Asunción, Itaguá…

Sie besuchen sie, um Nähe, Segen, Lebensmittel und Schuhe, Nägel für die Wellblechdächer und Gebete und Stärkung für den neuen Lebensweg zu bringen.

„Kommst du wieder“, fragt mich einer. Ja, ich komme wieder, verspreche ich einem meiner Freunde aus dem Gefängnis, auch wenn ich ihn da eigentlich nicht wieder treffen möchte, sondern in Freiheit und vielleicht mitten in der Ausbildung zum Bäcker, Schreiner oder Gärtner im Haus Madre de Tuparenda…

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Besuch

Ich will dabei sein…,

Ein Samstags-Imbiss kostet etwa 100 Euro/US$. Das macht 60 Cent für einen Jugendlichen. Sie können Teil der Freude werden…

Bankkonto in Paraguay
Banco GNB
Cta Nro. 001-065259-003
Congregación Padres de Schoenstatt
Bankkonto in Europa
Schönstatt-Patres International e. V.
IBAN DE91 4006 0265 0003 1616 26
BIC/SWIFT GENODEM1DKM
VWZ: P. Pedro Kühlcke – Pastoral Carcelaria
Spenden über Paypal

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Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer, schoenstatt.org

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