Veröffentlicht am 2016-07-31 In Franziskus - Botschaft, WJT2016

Angesichts des Bösen, des Leidens und der Sünde ist die einzig mögliche Antwort für den Jünger Jesu die Selbsthingabe

WJT 2016,von María Fischer und Sebastián Denis •

Nach dem Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz und der Begegnung mit den Patienten des Kinderkrankenhauses in Prokocim,  begab Papst Franziskus sich am Freitag zum zweiten Mal in den Blonia-Park zu einer weiteren Begegnung und dem Gebet des Kreuzweges mit den Jugendlichen, die zum XXXI. Weltjugendtag zusammengekommen waren.

Mit der Beteiligung von Flüchtlingen, Obdachlosen, Gemeinschaften, die sich den Werken der Barmherzigkeit widmen und Gruppen aus verschiedenen Ländern, die das Kreuz symbolisch von Station zu Station trugen, entfaltete sich dieser Kreuzweg mit vielen Liedern, Gebeten, Choreographien und Videoprojektionen.

Jede Station war dabei auf eindrucksvolle Weise mit einem der Werke der Barmherzigkeit verbunden.

In seiner kurzen Ansprache schlägt der Papst eine ebenso mutige wie biblische Brücke: die Antwort auf die Frage: „Wo ist Gott in all dem Leid?“ findet eine sehr konkrete Antwort, und Jesus selbst gibt sie: „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen « (Mt 25,35-36). „Es gibt Fragen, auf die es keine menschlichen Antworten gibt“, so Papst Franziskus. „Wir können nur auf Jesus schauen und ihn fragen. Und die Antwort Jesu lautet: „Gott ist in ihnen“; Jesus ist in ihnen, leidet in ihnen, ist zutiefst mit ihnen identisch. Er ist so mit ihnen vereint, dass er beinahe „einen einzigen Leib“ mit ihnen bildet.

Wenn wir sprachlos vor dem Leid stehen, dann stehen wir vor Jesus, denn er ist in den Menschen, die leiden. “

Jesus selbst hat die Wahl getroffen, sich mit diesen unseren von Schmerz und Ängsten geprüften Brüdern und Schwestern zu identifizieren, als er es auf sich nahm, die Via dolorosa nach Golgota zu gehen. Am Kreuz sterbend überantwortet er sich in die Hände des Vaters und trägt mit hingebungsvoller Liebe auf und in sich die physischen, moralischen und spirituellen Wunden der gesamten Menschheit. Indem er das Kreuzesholz ergreift, umfasst Jesus die Nacktheit und den Hunger, den Durst und die Einsamkeit, den Schmerz und den Tod der Menschen aller Zeiten. Heute Abend umfasst Jesus – und wir mit ihm – mit besonderer Liebe unsere syrischen Brüder und Schwestern, die vor dem Krieg geflohen sind. Wir grüßen sie und nehmen sie mit geschwisterlicher Liebe und mit Sympathie auf“, so Franziskus. Konkreter geht nicht. Was also ist unsere Antwort auf diese Gegenwart Jesu? Es sind die Werke der Barmherzigkeit, Prüfstein der Glaubwürdigkeit der Kirche, jeder Bewegung und jedes Christen.

Unsere Werke der Barmherzigkeit

Die Sozialprojekte Schönstatts, alle Projekte Schönstatts entstehen im Dialog mit den Stimmen der Zeit, so steht es in der Präsentation der Projekte Schönstatts in den Feldern des Apostolates, die in der Vorbereitung auf das Jubiläum des Liebesbündnisses entdeckt und definiert wurden. In diesen Augenblicken des Kreuzweges beim Weltjugendtag leuchten sie neu auf, besonders jene, die konkret ein Werk der Barmherzigkeit darstellen… Die Gefängnispastoral „Visitación de María“, das Haus „Mutter von Tuparenda“ für entlassene jugendliche Straftäter, die 100 solidarischen Häuser von schoenstatt.org (schon fast 200), Dequeni, die zahlreichen Casas del Niño,  María Ayuda, María Arashafa, der Hogar de María, die Besuche der Missionare der Pilgernden Gottesmutter in den Krankenhäusern, bei Blinden, in Gefängnissen, in Favelas, Slums und Villas, die Misiones an Orten bitterster Armut, Lichtzeichen, das Obdachlosenprojekt „Encuentro“… Wir könnten versuchen, einen Kreuzweg mit den realen und konkreten Werken der Barmherzigkeit Schönstatts zu gestalten. Bekämen wir 14 Stationen zusammen? Fehlt etwas? Was ist das Werk der Barmherzigkeit, das am meisten „unseres“ ist? Meines? Denn Schönstatt sind die Schönstätter.

„Heute braucht die Menschheit Männer und Frauen – und besonders junge Menschen wie euch –, die ihr Leben nicht „halb“ leben wollen: junge Menschen, die bereit sind, ihr Leben für den gegenleistungsfreien Dienst an den ärmsten und schwächsten Mitmenschen zu verwenden, in der Nachfolge Christi, der sich für unser Heil ganz und gar hingegeben hat. Angesichts des Bösen, des Leidens und der Sünde ist die einzig mögliche Antwort für den Jünger Jesu die Selbsthingabe, sogar bis zum Tod – genauso wie Christus; es ist die Haltung des Dienstes. Wenn jemand, der sich Christ nennt, nicht lebt, um zu dienen, dient er nicht für das Leben. Mit seinem Leben verleugnet er Jesus Christus“, sagt Papst Franziskus an diesem Abend den Jugendlichen.

„Heute Abend richtet der Herr erneut seine Einladung an euch, Vorkämpfer im Dienen zu werden; er möchte aus euch eine konkrete Antwort auf die Nöte und Leiden der Menschheit machen; er möchte, dass ihr ein Zeichen seiner barmherzigen Liebe für unsere Zeit seid! Um diesen Auftrag zu erfüllen, weist er euch den Weg des persönlichen Engagements und der Selbsthingabe: Es ist der Weg des Kreuzes. Der Weg des Kreuzes ist der Weg des Glücks, Christus bis zum Äußersten nachzufolgen, in den oft dramatischen Umständen des Alltagslebens. Es ist der Weg, der keine Misserfolge, Ausgrenzungen oder Einsamkeiten fürchtet, weil er das Herz des Menschen mit der Fülle Jesu sättigt. Der Weg des Kreuzes ist der Weg des Lebens, der Weg im Stile Gottes – ein Weg, den Jesus uns auch auf den Pfaden einer manchmal gespaltenen, ungerechten und korrupten Welt gehen lässt.“

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Wenn jemand, der sich Christ nennt, nicht lebt, um zu dienen, dient er nicht für das Leben.

Wie haben die Jungen und jungen Männer der Schönstattjugend Paraguays diesen Kreuzweg erlebt? Nach der Messe und Katechese am Vormittag in der Pfarrkirche, in der die Gestaltung der Schönstattjugend anvertraut war, brachen sie um drei Uhr nachmittags zum Blonia-Park auf, wo sie schon sehr früh ankamen. Anfangs gab es viel Regen und sogar ein Gewitter, doch schließlich kam die Sonne durch.

„Der Kreuzweg hat mich sehr beeindruckt, die Station, die mich am meisten bewegt hat, war die elfte, als Jesus ans Kreuz genagelt wurde. Mich hat sehr beeindruckt, wie der Kreuzweg in Szene gesetzt wurde, und die Musik hat die künstlerischen Darbietungen unterstrichen“, so Sebastián Fernández.

„Dann war einfach die riesige Zahl der Pilger beeindruckend, so  viele Fahnen und so viele Leute, die ihren Glauben gelebt haben und Jesus begegnen wollten. Es war auch stark, wie an jeder Station von etwas gesprochen wurde, was Jugendlichen schwer fällt. Alles zusammen – die Begegnung heute war einmalig und sehr besonders, wie eigentlich alles, was wir bis heute erlebt haben. Jetzt freuen wir uns auf den Höhepunkt des Weltjugendtages, die Vigil mit dem Papst und die Aussendungsmesse am Sonntag.“

Für Lucas Ortellado war es sehr bewegend, endlich den Heiligen Vater sprechen zu hören (es war die erste Begegnung für die Gruppe), und „die Kraft zu spüren, die Christus uns gibt.“ „Das waren Worte, die sich auf ganz konkrete Situationen bezogen haben.“ Sehr gefallen hat ihm auch die neuartige Form des Kreuzweges mit künstlerischen Darstellungen und Bezug auf konkrete Lebenssituationen. Das will er in seiner Pfarrei oder in der Schönstatt-Bewegung einmal anregen…

 

„Ich habe eigentlich wenig verstanden, weil die Übersetzung immer wieder mal nicht zu hören war, aber was mir geblieben ist, ist dieser berühmte Satz, den Franziskus schon öfter gesagt hat: Wenn jemand, der sich Christ nennt, nicht lebt, um zu dienen, dient er nicht für das Leben.“

Vollständiger Text der Ansprache von Papst Franziskus beim Kreuzweg

Wir waren mit dem leidenden Jesus vereint; leidend aber nicht nur vor zweitausend Jahren, leidend auch heute

„Heute war ein besonderer Tag, ein Tag des Schmerzes. Freitag ist der Tag, an dem wir an den Tod Jesu denken, und mit den Jugendlichen haben wir den Tag mit dem Gebet des Kreuzwegs ausklingen lassen“, so Franziskus am Abend vom Balkon des Erzbischöflichen Palastes aus, wo wieder Tausende auf ihn warteten. „Wir haben den Kreuzweg meditiert: das Leiden und Sterben Jesu für uns alle. Wir waren mit dem leidenden Jesus vereint; leidend aber nicht nur vor zweitausend Jahren, leidend auch heute. So viele Menschen leiden: die Kranken; die, welche sich im Krieg befinden; die Obdachlosen und die Hungernden; die, welche von Zweifeln geplagt werden und in ihrem Leben das Glück, das Heil nicht wahrnehmen oder die Last ihrer Sünde spüren.“

 

Fotos: Bildschirmfoto der Fernsehübertragung,  Sebastián Denis

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