Veröffentlicht am 2017-05-14 In Kirche - Franziskus - Bewegungen

Laudato Si – ein Thema unserer realen Welt

PARAGUAY, Maria Fischer •

„Und jetzt – was?“ Bischof Francisco Pistilli, Bischof von Encarnación, Paraguay, stellt diese Frage in der  Katholische Universität Nuestra Señora de la Asunción Campus Itapúa,  beim  Vortrag über LAUDATO SÍ im Rahmen des Jahrestages der Bildung des Netzwerkes Umweltbildung Encarnación. Ein Vortrag fast zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Laudato Sí, der  zweiten Enzyklika von Papst Franziskus, unterzeichnet am 24. Mai 2015, an Pfingsten, und am 18. Juni 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt.  Vertreter der Regierung und Stadtverwaltung, Professoren, Studenten und Vertreter von Einrichtungen,  die für den Umweltschutz arbeiten, nahmen an der Veranstaltung teil.

Es geht dabei nicht um eine theologische Diskussion, betonte er, sondern um ein Thema unserer realen Welt und es verlangt eine nicht rein theologische, sondern um eine ganzheitliche, reale Antwort. Die konkreten Vorschläge des Bischofs machen viele seiner jugendlichen Zuhörer sprachlos: den Wasserhahn zudrehen beim Zähneputzen, die öffentlichen Toiletten so hinterlassen, wie wir sie antreffen möchten … Wenn es in jeder Pfarrei des Bistums einen Behälter für gebrauchte Batterien gäbe und die Leute sie da hinein statt in den Hausmüll werfen würden, dann wären wir schon dort, wohin Papst Franziskus uns mit solcher Dringlichkeit bringen will: beim Aufbau einer ökologischen Kultur. Dafür, so der Bischof, bringt es nichts, darauf zu warten, bis „irgendwer“ eines Tages „irgendein“ Gesetz erlässt. Dafür braucht es im Gegenteil Verantwortung und die eigene, persönliche Entscheidung, etwas zu verändern, etwas zu tun, aus dem Bequemen und Angenehmen herauszugehen. Einfach nicht mehr zu sagen „Wir tun ja schon viel“ und „Wir haben ja so viel“, und stattdessen anzufangen, dieses riskante „Man kann noch mehr tun und haben und  der Protagonist der Änderung, das bin ich.“

 

Verbinden statt polarisieren

Ein Gewitter liegt in der Luft an diesem schwülen, heißen Abend in Encarnación, und die Ventilatoren in der Aula Magna der Universität kommen nicht mehr an gegen die drückende Schwüle zwei Stunden vor dem Unwetter. Doch Bischof Francisco Pistilli hat die volle Aufmerksamkeit, als er von der Enzyklika Laudato Si redet. Darin geht es  um Ökologie, von der Sorge um das gemeinsame Haus. Es geht um unsere Erde als Thema der realen Welt; des Umgangs des Menschen mit der Umwelt, Thema und Herausforderung mit dem Potential, alle Menschen und alle Gesellschaftsbereiche in gemeinsamem Einsatz zu verbinden. Franziskus geht konsequent aus vom menschlichen Handeln und seinen Konsequenzen und nicht von einem theologischen Dogma. Heißt, von etwas, das alle teilen können und teilen. Offensichtlich kann jemand, der in der Schule Pater Kentenichs im organischen Denken geschult wurde, besonders leicht das große Potential dieser Enzyklika erfassen und vermitteln.

Im Rückgriff auf die ökologische Spiritualität des Heiligen Franziskus, so erläuterte Bischof Pistilli, hat Laudato Si das Potential, Wissenschaft mit dem Glauben zu verbinden und zielt darauf ab, die Welt in einer gemeinsamen Mission zu vereinen: Indem wir unsere Art zu leben, zu produzieren, zu denken verändern, um unser gemeinsames Haus zu schützen, zu hüten und zu bewahren. Papst Franziskus wendet sich mit dieser Enzyklika nicht nur – wie sonst üblich – an die Kirche, sondern an die gesamte Welt, wobei er mehr als einen sensiblen Nerv trifft in Blick auf Wirtschaft und soziale Spannungen.

Das Wichtigste und Neuartige ist, so Bischof  Pistilli, dass die Botschaft dieser Enzyklika nicht polarisieren, sondern alle, wirklich alle einladen will, gemeinsam auf das Konkrete zu schauen, nicht auf irgendeine Ideologie, sondern auf das Reale, das verpflichtet und beteiligt.

Wir leben in Zeiten der Polarisation, sagt er, und der Schritt nach vorn bestehe darin, uns nicht in einer polemischen Sicht zu zerstreiten, sondern in den konkreten Dingen, die es zu tun gilt, zusammenzutun.

„Das ist ein Thema, das mir seit einiger Zeit nachgeht“, so Bischof Pistilli eine Weile später, als dank des Unwetters viel Zeit bleibt, um mit ein paar Schönstättern in einem kleinen Restaurant an der Uferpromenade zu reden.

Ausgehen vom menschlichen Handeln

Papst Franziskus geht in Laudato Si vom menschlichen Tun aus, so Bischof Pistilli, und darum stelle sich die Frage: In Anbetracht der Sorge um das gemeinsame Haus, wer sind wir, was tun wir, wohin gehen wir als Bürger von Encarnación? Und dann spricht er konkrete Themen dieser Stadt und dieser Diözese an, auch so brisante wie das der Ziegelbrenner von San Pedro. Sie sind in einer existentiell schwierigen Situation, weil sie wegen des durch das Wasserkraftwerk verursachten „Kollateralschadens“ nur noch Rohstoff minderer Qualität haben, was sich auf die Produktion von Ziegeln und ihre Einnahmen auswirkt. Darum sollten sie an einen anderen Ort umgesiedelt werden. Mit allen Konsequenzen. „Wenn sie leiden, dann leiden wir alle, erklärt Bischof Pistilli. „Es geht nicht um eine Gruppe, die sich beschwert und eine andere, die dagegenhält, sondern dass wir alle miteinander auf das Konkrete schauen.“

In der Enzyklika nenne der Papst einige Schlüsselpunkte: die Produktionsmodelle, Technologie, Verstädterung … Der Papst rufe dazu auf, sich zu beteiligen, fordere eine Änderung der Einstellung und Solidarität zwischen denen, die mehr und denen, die wenig oder gar nichts haben. „Es geht um Themen, die alle verpflichten und zur Stellungnahme fordern: die Wegwerfkultur, Wasser, der Abfall, der unsere Flüsse vergiftet, aus denen wir unser Essen holen“, so  Bischof Pistilli. Und mit einer guten Prise Humor fügt er auch an, dass das Konkrete in der Realität auch unterschiedlich sein könne; das, was man hier in Encarnación abschätzig Wildnis nenne, würde in Deutschland als „naturbelassene Wiese“ gefeiert.

Laudato Si, so Bischof Francisco Pistilli abschließend, ist ein Aufruf an Kreativität, an gemeinsames Handeln und letztlich eine Herausforderung, der Menschheit zu helfen, sich durch die Sorge um das gemeinsame Haus, unser aller Haus, würdig zu machen.

 

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Original: Spanisch, 11. 04. 2017. Übersetzung: Maria Fischer, schoenstatt.org

Text der Enzyklika Laudato Si

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